Verschärfter Atomstreit
16. November 2009Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) fürchtet, dass es noch weitere geheime Atomanlagen im Iran geben könnte. Das geht aus einem am Montag (16.11.2009) in Wien vorgelegten Bericht der Behörde hervor. So bedürfe es weiterer Informationen über Art und Zweck der zunächst von Teheran geheimgehaltenen Anlage nahe der Stadt Ghom, so der Bericht. Vor allem zum Baufortschritt und zur Nutzung der Anlage müssten weitere Angaben gemacht werden.
IAEA kritisiert Informationspolitik Teherans
Der Iran hatte die Atomenergiebehörde Ende September in einem Brief informiert, sein umstrittenes Atomprogramm auszuweiten und an einer zweiten Anlage zur Urananreicherung bei Ghom zu bauen. Die Ankündigung löste internationale Entrüstung aus. Die UN-Behörde hatte nach dem Brief aus Teheran Inspektoren ins Land geschickt, um die Anlage zu untersuchen und den aktuellen Bericht zum Stand der Uran-Anreicherung in der Islamischen Republik zu verfassen.
Unmittelbar vor Veröffentlichung des IAEA-Berichts bekannte sich Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad erneut deutlich zum Atomprogramm seines Landes. Die "Feinde" des Iran hätten das Atomprogramm zu einer politischen Frage erklärt und alle Anstrengungen unternommen, Iran zur Aufgabe zu bewegen, erklärte Ahmadinedschad nach Angaben des iranischen Rundfunks. Die Internationale Gemeinschaft wartet seit Wochen auf eine Antwort Teherans auf einen Kompromissvorschlag zur Uran-Anreicherung.
USA erhöhen den Druck
Erst am Wochenende hatten Russland und die USA im Atomstreit den Druck auf die Führung in Teheran zu erhöhen. Die Zeit für die Annahme des internationalen Kompromissvorschlags laufe langsam ab, erklärte US-Präsident Barack Obama am Sonntag (15.11.2009) nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew auf dem Gipfel des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC) in Singapur. Beide äußerten sich unzufrieden über das Tempo der Verhandlungen. Wenn es keine Ergebnisse gebe, müssten andere Mittel erwogen werden, so Medwedew. "Unser Ziel ist klar: ein transparentes Atomprogramm statt eines Programms, das die Sorgen anderer erregt", so der russische Präsident.
Deutliche Warnung aus Moskau
Russland hatte sich bisher zurückhaltend über neue Sanktionen gegen Teheran geäußert. Im Gespräch mit dem US-Präsidenten signalisierte Medwedew jedoch seine Unterstützung für mögliche Strafmaßnahmen. "Für den Fall, dass wir scheitern, bleiben andere Optionen auf dem Tisch", so Medwedew wörtlich. Beobachter werten diese Aussage als eine der deutlichsten Stellungnahmen der russischen Regierung zum Atomstreit mit dem Iran.
Der aktuelle Vorschlag der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA vom Oktober sieht vor, dass der Iran einen Großteil seines leicht angereicherten Urans in Russland und Frankreich zu Brennstäben für einen iranischen Forschungsreaktor weiterverarbeiten lässt. Bislang hat die iranische Regierung keine endgültige Antwort auf diesen Vorschlag der IAEA gegeben.
Scharfe Kritik aus Teheran
Der Iran wird verdächtigt, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung Atomwaffen bauen zu wollen. Teheran bestreitet dies und reagierte mit scharfer Kritik auf den neuesten Vorstoß durch die Regierung in Washington. "Nach einem Jahr des Redenschwingens und Slogandreschens ist es eine Schande zu sehen, dass das Verhalten und die Ansichten dieses Präsidenten nicht besser sind als die seines Vorgängers", sagte der iranische Parlamentsvorsitzende Ali Laridschani am Sonntag (15.11.2009) im Parlament in Teheran. Schon die Tatsache, dass Obama die US-Sanktionen gegen die Islamische Republik gerade um ein Jahr verlängert habe, zeige, dass Amerika nicht wirklich einen Wandel vollzogen haben, seit Georg W. Bush aus dem Weißen Haus ausgezogen sei.
IAEA legt neuen Bericht vor
Zugleich warf Laridschani der US-Regierung vor, dem Iran im Atomstreit "unvernünftige Vorschläge" zu unterbreiten. Auf das Kompromissangebot der UN-Atomenergiebehörde ging er nicht konkret ein. Die IAEA kündigte an, am Montag (16.11.2009) einen neuen Bericht über die iranischen Atomanlagen vorzulegen. In dem Bericht solle der Stand der Uran-Anreicherung im Iran geschildert werden. Grundlage dafür ist unter anderem der Besuch von IAEA-Inspektoren in Ghom.
Autorin: Stephanie Gebert (afp, rt, dpa)
Redaktion: Thomas Kohlmann