Incirlik-Abzug: Wie verlegt man eine Truppe?
6. Juni 2017In Kuwait, Zypern und Jordanien hatten Erkundungsteams der Bundeswehr in den vergangenen Wochen nach Alternativen zum türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik gesucht. Die Wahl fiel auf den jordanischen Militärflughafen Al Azraq, den Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Mai selbst in Augenschein nahm. Dieser sei, so ihre Bewertung, "eine vergleichbare Alternative" zu Incirlik.
Noch ist der Umzug formell nicht beschlossen, aber die Bundeswehr bereitet sich darauf vor, nachdem die Bundesregierung mit der Türkei keine Einigung über das Besuchsrecht deutscher Abgeordneter in Incirlik erzielen konnte.
In Jordanien willkommen
Der Flughafen Al Azraq, den die jordanische Luftwaffe nutzt, liegt etwa 150 Kilometer östlich der Hauptstadt Amman und 50 Kilometer südlich der Grenze zu Syrien - geographisch also durchaus günstig für die Aufklärungsflüge der deutschen Tornados über Syrien und dem Irak. Außerdem operieren auch andere Partner der Anti-IS-Koalition von Al Azraq aus, etwa die USA und die Niederlande.
Auch politisch ist die Ausgangslage vorteilhaft: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Jordanien sind eng und freundschaftlich, was ein uneingeschränktes Besuchsrecht der deutschen Abgeordneten garantiert. Der jordanische König Abdullah, der sich stets um gute Beziehungen zu den Nachbarstaaten und dem Westen bemüht, unterstützt die geplante Verlegung der deutschen Tornados in sein Land.
Allerdings ist Al Azraq, anders als Incirlik, keine NATO-Basis, auf der die Bundeswehr bestimmte Standards erwarten kann - etwa bei den IT-Anschlüssen, dem Treibstoff und der sonstigen Infrastruktur. "Manche Rahmenbedingungen gibt es dort schon, andere müssen wir erst schaffen", sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Deutschen Welle. An der Einbindung der Tornados in den Einsatz der Anti-IS-Koalition, der aus dem Luftwaffenhauptquartier der Koalition in Katar gesteuert wird, werde sich durch den Umzug aber nichts ändern.
Logistischer Kraftakt
Neben den 250 Soldaten, den sechs Tornados und dem Tankflugzeug müssen auch 10.000 Tonnen Material verlegt werden, die in etwa 200 Container verpackt werden. Das Herzstück ist dabei die Anlage, in der die Luftbild-Auswerter die Aufnahmen der Tornados analysieren. Erst wenn diese in Jordanien wieder aufgebaut ist, kann die Bundeswehr ihren Einsatz fortsetzen.
Die Verlegung der Flugzeuge ist also der kleinere Teil der Mühe. Bedeutend aufwendiger wird der Transport der Container auf dem See- oder Luftweg. "Hier werden wir alle Möglichkeiten ausnutzen", betont der Ministeriumssprecher, von eigenen Transportmitteln über die Hilfe von Verbündeten bis hin zur Buchung von Kapazitäten auf dem freien Markt.
Unterbrechung der Operation
An einem Einsatzort das komplette Material ein- und an einem anderen wieder auszupacken, ist auch für die Bundeswehr eine ungewöhnliche Aufgabe, die einige Wochen in Anspruch nehmen wird. Ziel sei es, dass das Tankflugzeug innerhalb von zwei bis drei Wochen wieder Einsätze fliegt, die Tornados binnen zwei bis drei Monaten. Möglicherweise geht es auch etwas schneller.
"Wir wollen die Pause so kurz wie möglich halten", heißt es im Verteidigungsministerium. Zumal die Pause in die möglicherweise entscheidende Phase der Operation gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" fällt, in der die Luftbilder dringend gebraucht werden. Daher sollen die Aufklärungsflüge - die Bundeswehr absolvierte bisher 950 - vorübergehend von anderen Verbündeten übernommen werden.