Indonesiens Medien unter Druck
15. Januar 2008Das 1999 in Indonesien eingeführte Presserechtsgesetz verankerte die Medienfreiheit als Bürgerrecht und bedeutete somit einen Meilenstein für die junge Demokratie der Inselrepublik. Zensurmaßnahmen und Zeitungsschließungen gehörten seitdem der Vergangenheit an. Doch die zunehmende Medienkonzentration, die Einflussnahme privater Geschäftsleute auf die Presse und deren Klagen gegen investigative Journalisten bedrohen heute erneut Indonesiens Pressefreiheit.
2007 ist die Zahl der Übergriffe auf Journalisten im Vergleich zum Vorjahr von 53 auf 75 gestiegen, berichtet der Vorsitzende der unabhängigen Journalistenorganisation AJI, Heru Hendratmoko. Physische Angriffe, Drohungen und juristische Klagen gegen Medienschaffende zählen dazu. Vor allem macht die wachsende rechtliche Unsicherheit vielen Journalisten zu schaffen, denn das nationale Pressegesetz zum Schutz der Pressefreiheit wird heute immer weniger angewendet, so Hendratmoko.
Pressegesetz ohne Wirkung
Richter, Staatsanwälte und die Polizei greifen immer häufiger auf das Strafgesetz zurück, wenn Journalisten über bestimmte Themen wie z.B. Korruption schreiben, sagt Hendratmoko. Seine Organisation drängt deshalb darauf, dem Pressegesetz in Rechtsfällen gegen Journalisten mehr Geltung zu verschaffen. Doch dabei stößt AJI bei der Justiz auf taube Ohren. "Die Regierung tendiert dazu, das Pressegesetz zu revidieren und die Kontrolle über die Presse zurückzuerlangen, denn unter dem gegenwärtigen Pressegesetz hat die Regierung keine Möglichkeiten der Einschränkung oder Beeinflussung", so Hendratmoko.
Vor kurzem wurde der Chefredakteur der Zeitung "Radar Yogya", Risang Binawijara, von einem lokalen Geschäftsmann wegen angeblicher Diffamierung angeklagt und schließlich verurteilt, berichtet der Indonesien-Korrespondent der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen", Eko Maryadi. Ihm zufolge war der Unternehmer, der auch einen Zeitungsverlag besitzt und den Ruf hat, der zweite König der Stadt (nach dem Sultan) zu sein, unzufrieden mit der Berichterstattung und klagte deshalb gegen Binawijara. Dieser musste nach dem Urteil des Obersten Gerichtes für sechs Monate ins Gefängnis.
Doch nicht nur die Aussetzung des Pressegesetzes beeinträchtigt die Arbeit der Journalisten. Auch die freie Vergabe von Lizenzen, eigentlich einer der demokratischen Errungenschaften der Nach-Suharto-Ära, hat ihre Schattenseite für den freien Journalismus. Über 500 Radiostationen, unzählige Zeitungen und Zeitschriften buhlen heute um die Gunst der Leserschaft. Geschäftsleute kontrollieren große Teile des Marktes; kritische oder investigative Berichterstattung gegen Korruption und Medienmogule sind da unerwünscht.
Wer hart recherchiert, lebt gefährlich
So wurde Bambang Harymurti, Chefredakteur der einflussreichen Zeitschrift TEMPO, vor wenigen Jahren zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er kritisch über die zweifelhaften Geschäftspraktiken des Unternehmers und Medienzars Tommy Winata berichtete. Trotzdem veröffentlicht TEMPO heute weiterhin kritische Berichte gegen Korruption und Vetternwirtschaft. Doch Harymurti befürchtet, dass immer weniger Medien wirklich investigativen Journalismus leisten können, da sie zunehmend den ökonomischen Interessen ihrer Besitzer Rechnung tragen müssen und das Risiko kritischer Berichterstattung scheuen.
Indonesiens Medien leiden außerdem an einem Mangel an professionellem Journalismus. Denn durch den Medienboom nach dem Sturz Suhartos wurden viele schlecht ausgebildete Journalisten eingestellt, die zudem unterbezahlt sind. "Wie kann man also guten Journalismus leisten, wenn man sich ständig um den eigenen Magen sorgen muss?", beklagt Hendratmoto. Zwar gibt es auch positive Anzeichen in den Medien, die Berichterstattung zu verbessern, doch die teils wenig professionelle Arbeit und das Fehlen eines Ethik-Codes sind derzeit die größten Hindernisse auf dem Weg dorthin.