Leichen werden geborgen
1. August 2014Einen Tag nach einem ersten Treffen einer Kontaktgruppe aus Vertretern Russlands, der Ukraine und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sind 60 internationale Experten, darunter Niederländer und Australier, an der Absturzstelle eingetroffen. Dort werden noch immer die sterblichen Überreste zahlreicher Absturzopfer vermutet. Die Bergungsarbeiten würden unverzüglich aufgenommen, teilte die OSZE über Twitter mit.
Das Treffen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk geht auf einen Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zurück. Die Gespräche sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden.
Gefangenaustausch vereinbart
Einem kleinen Vorausteam war bereits am Donnerstag der Vorstoß zum Unglücksort gelungen. Nach Angaben des australischen Ministerpräsidenten Tony Abbott bargen Forensiker weitere Leichenteile. Das Team aus Niederländern und Australiern sei danach wohlbehalten zurückgekehrt. Heftige Gefechte zwischen ukrainischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten hatten die Experten zuvor an der Arbeitsaufnahme gehindert. Die Boeing 777 war am 17. Juli mit 298 Menschen an Bord abgestürzt. Der Westen verdächtigt die Rebellen, die Maschine mit einer Rakete abgeschossen zu haben.
Die ukrainische Armee und die Separatisten vereinbarten darüber hinaus den gegenseitigen Austausch von 20 Gefangenen. Die Männer würden in Kürze freigelassen, sagte der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma in Kiew. Er hatte an den Verhandlungen in Minsk als Vermittler teilgenommen.
Tote bei Kämpfen um Schachtarsk und Luhansk
Derweil sind bei Kämpfen in der Nähe der Absturzstelle in der Nacht zum Freitag nach Armeeangaben mindestens 14 Menschen getötet worden, darunter 10 ukrainische Soldaten. Vier Leichen seien noch nicht identifiziert worden, teilte die Armeeführung mit. Bei ihnen könne es sich "um ukrainische Soldaten oder Terroristen" handeln. Eine Patrouille sei in einen Hinterhalt geraten. Die Kämpfe fanden nahe der Stadt Schachtarsk statt, 25 Kilometer von der Absturzstelle entfernt. In der weiter von Rebellen gehaltenen Stadt Luhansk wurden mehrere Zivilisten verwundet, die zwischen die Fronten gerieten.
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, warnte unterdessen vor einer Eskalation der Ukraine-Krise. Russlands Präsident Wladimir Putin stehe unter sehr starkem Druck, die von ihm unter Schutz genommenen russischsprachigen Bewohner der Ostukraine nicht im Stich zu lassen, sagte Erler der "Neuen Osnabrücker Zeitung" Wenn die Separatisten in die Nähe einer militärischen Niederlage kämen, "dann kann niemand ein direktes Eingreifen Russlands über die Grenze hinweg ausschließen". Dies wäre eine schreckliche Eskalation.
Erler forderte eine längere Feuerpause, die für eine Gesamtlösung der Krise genutzt werden müsse. Die große Herausforderung dabei sei, dass "niemand als Verlierer vom Feld geht".
gmf/se (afp, ap, dpa, rtr)