Intervention wegen Chemiewaffen?
4. Dezember 2012Der NATO-Generalsekretär malte das Schreckensszenario an die Wand: Das Arsenal chemischer Waffen im Bürgerkriegsland sei "höchst Besorgnis erregend" und ihr tatsächlicher Einsatz "völlig inakzeptabel", warnte Anders Fogh Rasmussen in Brüssel. Auch er war aufgeschreckt worden von Geheimdienstberichten über verdächtige Aktivitäten in syrischen C-Waffendepots, wie zum Beispiel ungewöhnliche Transporte von Waffenteilen. Experten verwiesen darauf, dass Präsident Baschar al-Assad zunehmend unter Druck stehe.
Falls die Führung in Damaskus im Kampf gegen die Aufständischen wirklich auf chemische Kampfstoffe zurückgreife, erwarte er eine "sofortige Reaktion der internationalen Gemeinschaft", sagte Rasmussen. Zugleich sicherte der NATO-Chef der Türkei militärische Hilfe im Grenzkonflikt mit dem Nachbarn zu. Am Dienstagabend gab die Allianz grünes Licht für die Verlegung mehrerer "Patriot"-Luftabwehrraketen auf türkischen Boden an die Grenze zu Syrien - trotz russischer Bedenken. Moskau hatte sich bis zuletzt vergeblich gegen die Entsendung gestemmt.
Signal an Assad
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte die Gefolgsleute Assads, wer chemische Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetze, überschreite eine "rote Linie" und werde sich dafür international verantworten müssen. Die Entsendung der "Patriot"-Systeme sei deshalb "ein klares Signal an das Regime von Assad, mit der Gewalt und den Übergriffen auf das Staatsgebiet der Türkei aufzuhören".
Mit eindringlichen Worten hatte auch US-Präsident Barack Obama das Assad-Regime vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. "Die Welt schaut zu", so seine unmissverständliche Botschaft an die Führung in Damaskus. Er wäre ein "tragischer Fehler", sollte sich Assad für C-Waffen entscheiden, drohte Obama in einer Rede vor der National Defense University in Washington.
Kontingent-Planung
Die USA haben bislang gezögert, Truppen nach Syrien zu schicken oder die Rebellen mit Waffen zu versorgen. Allerdings befindet sich bereits ein Team militärischer Ausbilder im benachbarten Jordanien, die dort stationierte US-Soldaten und Spezialkräfte im Umgang mit chemischen Kampfstoffen schulen sollen. Erwogen werden zudem Luftangriffe oder Bodeneinsätze verbündeter Streitkräfte in der Region.
Zu Details wollte sich Außenministerin Hillary Clinton nicht äußern. Was sie erklärte: "Es genügt, wenn ich sage, dass wir auf jeden Fall handeln werden", falls es zu dem drohenden Szenario kommt. Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, sagte, die sogenannte "Kontingent-Planung" habe begonnen. Dies deutet auf konkrete Sondierungen für eine militärische Aktion gegen die Chemiewaffen Assads hin.
Laut Informationen der "New York Times" gehen Experten davon aus, dass man 75.000 Soldaten benötigen würde, um die Depots syrischer C-Waffen in amerikanische Hand zu bringen.
SC/rb (dapd, dpa, rtr)