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Investoren für die Bundesliga?

Tobias Oelmaier
23. Mai 2023

An diesem Mittwoch sollen die 36 DFL-Klubs bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung über einen von der Deutschen Fußball Liga vorgeschlagenen Einstieg von Investoren abstimmen. Es gibt viel Kritik an dem Modell.

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Fans des Zweitligisten 1. FC Nürnberg protestieren mit Bannern gegen Investoren in der DFL
Fans des Zweitligisten 1. FC Nürnberg protestieren im Spiel gegen Karlsruhe gegen Investoren in der DFLBild: Zink/imago images

Worum geht es bei diesem Investorenmodell?

Die DFL plant, eine Tochtergesellschaft zu gründen, die "MediaCo GmbH & KGaA", in die die Medienrechte an der 1. und 2. Fußball-Bundesliga ausgelagert werden sollen. Ein noch zu bestimmender Kapitalgeber würde 12,5 Prozent der Anteile dieser Gesellschaft erwerben und so im Gegenzug 12,5 Prozent der künftig erzielten Erlöse abschöpfen. Dadurch möchte die DFL insgesamt zwei Milliarden Euro für den Zeitraum von 20 Jahren einnehmen.

Das jedoch ist weniger als die nach dem derzeitigen Verfahren zu erwartenden Einnahmen für diesen Zeitraum, die auf mehr als drei Milliarden Euro geschätzt werden,

Die DFL setzt aber auf die sofortige "Anschubfinanzierung" ihrer Vorhaben sowie darauf, dass diese Investition den Gewinn im besten Fall weiter steigern könnten. 87,5 Prozent der Einnahmen gingen ja weiterhin an die Deutsche Fußball Liga.

Wie weit der Einfluss des Geldgebers gehen könnte, ist unklar. In dem Papier werden dem Investor "limitierte Rechte" zugestanden, andererseits aber auch ein Vetorecht bei "besonders wichtigen Geschäften".  

Aktuell gibt es vier Kandidaten, alles sogenannte "Private Equity"-Firmen. Das bedeutet, dass die erworbenen Anteile nicht an der Börse handelbar sind.

Was soll mit dem erlösten Geld passieren?

Der Löwenanteil - 750 Millionen Euro - soll in die Zentralvermarktung und den Aufbau einer Streaming-Plattform investiert werden. 300 Millionen Euro gingen nach dem schon jetzt geltenden Verteilerschlüssel an die beteiligten Klubs. Rein rechnerisch wären das rund acht Millionen pro Jahr für jeden Verein. Tatsächlich aber orientiert sich die Verteilung hauptsächlich an den sportlichen Erfolgen und der Medienpräsenz. Mit anderen Worten: Die Topklubs werden mehr kassieren als die anderen. Die verbleibenden 950 Millionen Euro sind für Infrastrukturmaßnahmen geplant.

Was erhofft sich die DFL von dem Deal?

"Die Welt verändert sich gerade - auch im Fußball. In der Liga wird weitgehend anerkannt, dass ein 'weiter so' schwierig ist", erklärte Oliver Leki, einer der beiden Interimsbosse der DFL, bei "Bild TV": "Es gibt Investitionsbedarf in die Zentralvermarktung. Es wäre fahrlässig, wenn sich die Gremien nicht damit beschäftigen würden." Leki und sein Kollege Axel Hellmann betonten bei der Vorstellung der Pläne Mitte Mai, dass vor allem bei der internationalen Vermarktung großer Nachholbedarf bestehe. Die Konkurrenzligen aus England, Spanien und Italien seien hier weit enteilt.

Der Sportökonom Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln bestätigte gegenüber der dpa, dass die DFL das zusätzliche Kapital brauche: "Die DFL muss (...) in ihre Produkte investieren, um sich in einem wettbewerbsintensiven Unterhaltungsmarkt und in einem ebenso wettbewerbsintensiven internationalen Fußballmarkt zukünftig behaupten zu können." Die Lücke zur Premier League könne aber auch so nicht geschlossen werden. Es könne nur darum gehen, "dass die Schere zwischen den Ligen nicht noch weiter auseinandergeht und die Bundesliga eine solide Position im Sportunterhaltungsmarkt behält."

Initiatoren des Deals: Oliver Leki (l.), Hans-Joachim Watzke und Axel Hellmann (r.) beim Neujahrsempfang der DFL in Offenbach
Initiatoren des Deals: Oliver Leki (l.), Hans-Joachim Watzke und Axel Hellmann (r.) Bild: Arne Dedert/dpa/picture alliance

Stehen die Klubs hinter dem Investoren-Einstieg?

Die Stimmung ist gespalten. "Ich werde unter den jetzigen Bedingungen nicht zustimmen", sagte zum Beispiel Oke Göttlich, der Präsident des Zweitligisten FC St. Pauli bei "Zeit online". Auch der 1. FC Köln übt heftige Kritik: Es werde der Eindruck vermittelt, als seien die Investitionen nur mit einem Private-Equity-Investor möglich. Der Zeitplan sei angesichts der Übergangszeit mit dem DFL-Interimsbossen Axel Hellmann und Oliver Leki "geradezu absurd". Die Weiterentwicklung eines Klubs und deren Finanzierung seien "Managementaufgaben jedes einzelnen Klubs, nicht des DFL-Managements", heißt es in einem Schreiben der Vereinsführung an die Kölner Fans.

Außerdem haben sich 15 Drittliga-Vereine zusammengetan und in einem Schreiben an die DFL-Spitze eine Beteiligung an den Einnahmen gefordert. Die "historische und zukünftige" Zugehörigkeit zur 1. und 2. Liga müsse "angemessen und auch für alle Seiten rechtssicher" berücksichtigt werden. Es müssten auch diejenigen Klubs beteiligt werden, die in der Vergangenheit zum "Reputationsaufbau der Marke Bundesliga" beigetragen hätten. Die Drittligisten drohen der DFL mit juristischen Konsequenzen.

Was sagen die Fans?

In vielen Stadien regte sich Protest. Die Fan-Interessenvertretung "Unsere Kurve" spricht sich gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit einem möglichen Investor aus und fordert mehr Informationen. Nach aktuellem Stand müsse "ein solcher Deal abgelehnt oder zumindest vertagt werden", sagte Markus Sotirianos aus dem "Unsere-Kurve"-Vorstand. Man frage sich, warum nach den durch Corona sichtbar gewordenen strukturellen Schwierigkeiten des gesamten Fußballs in Deutschland die Lösung schon wieder nur in "mehr Kommerzialisierung" liegen solle.

Der Fan-Forscher Harald Lange von der Universität Würzburg hält bei einem Einstieg eines Investors die Wahrscheinlichkeit für sehr groß, "dass er auch inhaltlich-strukturell Einfluss nahmen wird." Das sagte Lange der DW. "Es wäre für den Fußball eine ganz, ganz dunkle Vorstellung, dass ein Finanzinvestor über Spielorte, Spieltage und Strukturen in der Liga mitentscheidet."

Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Sport-Informations-Dienstes (SID) sprachen sich 58,0 Prozent von 1800 Befragten gegen die Beteiligung eines Geldgebers aus, nur 33,7 Prozent Fans waren dafür. 69,1 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sehen den Einstieg als ersten Schritt zum Ende der 50+1-Regel, die in Deutschland verhindert, dass sich ein Investor in einem Verein die Stimmenmehrheit sichert. 

DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke hält dagegen. Er kämpfe nicht "seit 20 Jahren für den Erhalt von 50+1, damit ich hier durch die Hintertür ein Trojanisches Pferd in die Bundesliga lasse, das alles, für das ich bis jetzt gestanden habe, konterkariert". Dies sei "völlig ausgeschlossen".

Leki reagiert mit Verständnis. "Diese Grundskepsis kann ich 100 Prozent nachvollziehen". Nach der Richtungsentscheidung müsse man das Thema noch einmal sehr breit kommunizieren und auch erklären, was tatsächlich dahinterstecke. 

Was passiert, wenn der Plan scheitern sollte?

Für die Aufnahme von Verhandlungen mit Investoren ist bei der Abstimmung eine Zweidrittel-Mehrheit der 36 Erst- und Zweitligisten erforderlich. Diese scheint momentan nicht gesichert. Scheitert das Vorhaben, könnte sich die Bundesliga möglicherweise von der 2. Liga abspalten. Damit einher ginge ein Ende der "Subventionen" für die kleineren Vereine. Bei diesem Szenario droht sogar eine Vergrößerung der wirtschaftlichen Lücke zwischen Arm und Reich.