Irak: Japan kündigt Truppenrückzug an
20. Juni 2006Der angekündigte Abzug der 600 japanischen Militärs aus dem Irak wird die Lage dort sicher nicht nachhaltig beeinflussen. Die Japaner waren in der südwest-irakischen Provinz Muthanna mit Wiederaufbau-Arbeiten beschäftigt und nicht im Kampfeinsatz. Sie mussten sogar von britischen und australischen Truppen geschützt werden. Und nachdem diese die Provinz irakischen Sicherheitskräften übergeben und abziehen, war auch für Tokio der Moment gekommen, eine Aktion einzustellen, die als erster Auslandseinsatz japanischer Truppen nach dem Zweiten Weltkrieg innenpolitisch recht umstritten war.
So plausibel diese Erklärung auch sein mag, sie täuscht doch nicht darüber hinweg, dass die "Koalition der Willigen“ langsam aber sicher zerschmilzt. Als die USA im Irak einmarschierten, da bestand diese Koalition aus 49 Staaten. Schon diese Zahl aber täuschte, denn Washington stellte und stellt mit weit über 100.000 Mann mit Abstand das größte Kontingent, gefolgt von den Briten mit zeitweilig immerhin noch knapp 8000 Mann. Die anderen Kontingente waren und sind erheblich kleiner und eher von symbolischer Bedeutung.
Sich erkenntlich zeigen
Washington war sehr daran gelegen, der Welt zu beweisen, dass sein Einmarsch in den Irak eben doch nicht ein amerikanischer Alleingang war, sondern international durchaus unterstützt wurde. "Willige“ fand man in Spanien, Italien, den Niederlanden, aber auch im Königreich Tonga und ganz besonders in Osteuropa, wo Polen, Rumänien, Litauen, die Slowakei, Tschechien und Albanien Soldaten entsandten, um nur einige zu nennen. Kleine Kontingente, deren Hauptaufgabe es wohl war, sich Washington gegenüber erkenntlich zu zeigen.
Kleinere Staaten begannen bereits im Jahr 2004, ihre Kontingente abzuziehen, aber auch Spanien zog nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten in Madrid seine letzten Soldaten ab. Portugal folgte dem Beispiel, ebenso die Philippinen – die hiermit der Forderung von Entführern eines philippinischen LKW-Fahrers nachgaben. Je mehr die Sicherheitslage im Irak sich verschlechterte, desto unwilliger wurden die einst so willigen Koalitionspartner Washingtons: Das Jahr 2005 und die ersten sechs Monate dieses Jahres sahen weitere Truppen-Rückzüge und selbst Italien schloss sich nach der Wahlniederlage Silvio Berlusconis dem "Trend“ an: Bis Anfang 2007 würden die letzten Italiener den Irak verlassen haben, verkündete Außenminister d’Alema.
Kaum Nachteile für die USA
In Washington dürfte man mit dieser Entwicklung keineswegs zufrieden sein. Nachdem aber selbst in den USA die Diskussion über einen amerikanischen Rückzug entbrannt ist, kann das Weiße Haus wankelmütige Koalitionsgefährten nicht mehr zum Verbleiben bewegen. Allzu große Nachteile entstehen den Amerikanern dadurch ohnehin nicht, weil die fremden Kontingente in der Regel nur klein und mit Sonderaufgaben betraut waren, die im Bedarfsfall auch von US-Soldaten oder Briten übernommen werden können. Die Briten bleiben jedenfalls im Irak, sie werden sich bestenfalls auf einige wenige Gebiete im Südirak konzentrieren. Wie dies jetzt mit dem Abzug aus der Provinz Muthanna geschieht.
Ein Rückzug im Irak lässt sich zunächst zumindest gut als "Übergabe des Gebiets an die irakische Zentralregierung“ verkaufen. Ob diese Zentralregierung aber in der Lage sein wird, dort dann für Ruhe und Ordnung zu sorgen und die Sicherheit zu gewährleisten, das wird sich erst noch erweisen müssen. Gelingt es, dann ist das ein Grund für Washington und London, von einem Erfolg zu sprechen. Misslingt es, dann werden sie in diese Gegenden zurückkehren. Und sie werden dabei weder japanische Truppen brauchen noch solche aus dem Königreich von Tonga.