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Iranische Ambitionen

Kersten Knipp21. März 2015

Bei den Verhandlungen zum iranischen Atomprogramm herrscht vorsichtiger Optimismus, noch rechtzeitig zu einer Einigung zu kommen. Der außenpolitische Kurs Teherans bereitet dennoch Sorge.

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Der iranische Präsident Hasan Rohani, 22.6. 2014 (Foto:ISNA)
Der iranische Präsident Hassan RohaniBild: ISNA

"Wichtige Punkte" seien in den Atomverhandlungen mit dem Iran weiterhin ungeklärt, umriss der französische Außenminister Laurent Fabius in einem Interview. Trotzdem habe man Fortschritte erzielt. Fabius' iranischer Amtskollege Mohammad Javad Zarif bestätigte die Einschätzung. In einigen Fragen stünde man kurz vor einer Einigung, während in anderen noch Differenzen bestünden. Ein namentlich nicht genannter US-Delegierter zweifelt zwar daran, dass ein Durchbruch, wie ursprünglich anvisiert, bis Ende März zu erreichen sei, kündigte aber an, beide Seiten bemühten sich, bis dahin zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen. "Iran muss noch einige sehr harte, aber notwendige Entscheidungen treffen, um den weiterhin bestehenden erheblichen Vorbehalten hinsichtlich seines Atomprogramms entgegenzuwirken", sagte der Delegierte in einem Gespräch mit der Agentur Reuters.

Doch dieser Kurs der Atomverhandlungen räumt weder bei den westlichen noch bei den sunnitisch geprägten Staaten der Region Vorbehalte hinsichtlich der weiteren Ziele der iranischen Außenpolitik aus. Sie argwöhnen nach wie vor, Teheran wolle sich als neue Großmacht im Nahen Osten positionieren.

"Immer Berater im Land"

So engagiert sich der Iran seit langem in Syrien. Dort kämpfen Truppen der Revolutionsgarden auf der Seite des Assad-Regimes gegen die Aufständischen - genau wie tausende Kämpfer der vom Iran finanzierten Hisbollah.

Vieles deutet auch darauf hin, dass der Iran im Irak kämpft. Sein Land habe "keine Kräfte auf irakischem Boden", erklärte der iranische Außenminister Mohammad Javas Zarif zwar Anfang März in einem CNN-Gespräch. Zugleich räumte er allerdings ein, sein Land sei zumindest indirekt am Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) beteiligt. "Wir haben immer Berater im Land gehabt, die die irakische Regierung und die Armee unterstützten", räumte er ein. Die iranische Nachrichtenagentur FARS hatte berichtet, dass General Qassim Suleimani, einer der Kommandanten der Quds-Truppe, einer iranischen Eliteeinheit, mit an der Spitze des irakischen Militärs stehe.

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Atomanlage im Süden des IranBild: Atta Kenare/AFP/Getty Images

Irans Nachbarn wie auch die westlichen Staaten sehen Teherans Engagement mit gemischten Gefühlen. Zwar gilt die militärische Kraft des Iran als wertvolle Hilfe im Kampf gegen den IS. Klar ist aber auch, dass die unverbrüchliche Treue Teherans zum Assad-Regime ganz wesentlich zur Destabilisierung Syriens beigetragen hat. Das machte es überhaupt erst möglich, dass die Terroristen des IS sich in dem Land ausbreiten konnten.

Fraglich ist auch, wohin die iranische Präsenz im Irak langfristig führen wird. US-General Martin E. Dempsey, der Generalstabschef der US-Streitkräfte, sieht Teherans Engagement im Kampf gegen den IS als potenziell positiv: "Allerdings könnte es dann zu einem Problem werden, wenn es zu neuen konfessionellen Trennlinien [zwischen Schiiten und Sunniten] führt."

Angst vor hegemonialen Ansprüchen

In den vergangenen Jahren ist die Sorge gewachsen, dass der schiitische Konfessionalismus stärker wird. Tatsächlich setzt der Iran mit Assad und der libanesischen Hisbollah auf schiitische Partner. Ebenso unterstützt Teheran im Jemen die schiitischen Huthi-Rebellen, die vor wenigen Wochen die gewählte Regierung zur Flucht zwangen. Sowohl im Jemen wie auch in Syrien und im Irak könnte der Iran versucht sein, den schiitischen Kräften politisch zum Durchbruch zu verhelfen. Die Frage wäre dann, was das für die Sunniten der jeweiligen Länder bedeuten würde. Die politische Isolation der Sunniten, wie die schiitische Regierung des ehemaligen irakischen Premiers Nuri al-Maliki sie betrieb, hat mit dazu beigetragen, dass dem IS aus ihren Reihen so viel Sympathie entgegenschlug.

Dazu kommt, dass der iranische Präsidentenberater Ali Younesi auf einer Konferenz zur Geschichte des Iran das irakische Nachbarland aus eigenwilliger Perspektive beschrieb: "Derzeit unterliegt der Irak nicht nur unserem zivilisatorischen Einfluss, sondern er ist Teil unserer Identität, unserer Kultur, unseres Zentrums und unseres Reichtums.(…) Weil Geographie und Kultur des Iran und des Irak untrennbar sind, bekämpfen wir entweder einander oder wir werden eins."

Mit seiner Erklärung von Anfang März löste Younesi empörte Reaktionen aus. Ali Al-Sistani, der höchste schiitische Würdenträger des Irak, erklärte, sein Land danke dem Iran zwar für den Kampf gegen den IS: "Aber das heißt nicht, dass der Irak seine Unabhängigkeit und Identität verliert." Al-Younesi entgegnete, er sei falsch verstanden worden - und habe eigentlich von der "historischen und kulturellen Einheit" zwischen den beiden Ländern sprechen wollen. "Aber das bedeutet nicht, dass wieder ein [iranisches] Großreich entstehen soll." Doch gerade das nehmen ihm nicht alle Beobachter ab.

Iran Rohani Irak al Maliki
Eng verbunden: Präsident Hassan Rohani (r.) und der ehemalige irakische Premier Nuri al-MalikiBild: picture-alliance/dpa

Gemeinsame Interessen im Kampf gegen den IS

Die von einem saudischen Kronprinzen finanzierte arabische Tageszeitung "Al-Hayat" sieht einer Einigung hinsichtlich des iranischen Atomprogramms darum auch mit Sorge entgegen. "Die Golfstaaten sind sich bewusst, dass sich eine Einigung zwischen den USA und dem Iran nicht nur auf nukleare Fragen auswirken wird. Sie wird zugleich die von der Obama-Regierung gepflegte Politik des Sich-Blindstellens gegenüber Teherans regionalen Ambitionen verfestigen. Das wird den Iran dazu ermutigen, weiter zu expandieren und die arabische Welt zu beherrschen - im Irak, in Syrien, im Jemen, im Libanon und anderswo."

Vergleichbare Kritik äußerten Anfang März auch Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats. "Irans Ziel ist es, die größte Macht in der Region zu werden", erklärte etwa der republikanische Senator Marco Rubio. US-Außenminister John Kerry wies diese Vorwürfe zurück: Man dürfe nicht verkennen, dass sämtliche Staaten der Region im Hinblick auf den IS die gleichen Interessen hätten.

Offen bleibt, wer dieses Interesse später am besten zum eigenen Vorteil zu nutzen weiß.