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Exilsender als Plattform

30. Juni 2009

Der deutsch-iranische Musiksender TV Persia war in den letzten Wochen eine wichtige Plattform für Berichte aus dem Iran. Nach Morddrohungen kehrt er nun zum normalen Programm zurück - und spielt nur noch traurige Musik.

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Iraner vor Fernsehbildschirm(Foto: dpa)
Reges Interesse an den WahlergebnissenBild: AP

Im Vergleich zu den großen Studios anderer deutscher Sender in Köln-Hürth ist das Gebäude des Senders TV Persia eher unscheinbar. Doch viele Blicke waren vor allem in den letzten zwei Wochen auf den Sender gerichtet. In drei Sendungen berichtete er über die politische Lage im Iran, zeigten Bilder und Videos und ließ Demonstranten aus dem Land zu Wort kommen. Darüber hinaus dienten die Sendungen zum Informationsaustausch für die Iraner selbst.

Bis zu 1000 Anrufe und unzählige E-Mails gehen seit dem Ausbruch der Proteste bei TV Persia täglich ein. "Das ist das erste Mal, dass wir eher die Informationen bekommen als westliche Medien", berichtet Chefredakteur und Moderator Khashayar Ghiassi. Auch viele Frauen sind unter den Informanten aus dem Iran. Zudem erreichen den Sender regelmäßig Berichte von Amateurjournalisten.

Überprüfung der Berichte

Gebäude von TV Persia (Foto: Sonja Gillert, DW)
Der Sender verbirgt sich in einem unscheinbaren GebäudeBild: DW

Geprüft werden die Berichte, Fotos und Videos von einigen der 18 deutschen und persischen Mitarbeiter des Senders. Dabei helfen ihnen ihre Kontakte in den Iran, so Ghiassi. "Wir haben Freunde, Bekannte, Verwandte im Iran. Ständig sind wir mit denen in Verbindung und überprüfen, ob diese Informationen überhaupt der Wahrheit entsprechen oder nicht."

Ghiassi ist von vielen Videos sehr betroffen. Die Brutalität mit der das Regime gegen die Demonstranten vorgeht, verurteilt er stark. Doch man sei genauso wenig Sprachrohr des Oppositionskandidaten Mussawi. TV Persia bliebe neutral.

Freiheit und Demokratie für den Iran

Freiheit und Demokratie wünscht sich Ghiassi für seine Heimat. Der Exiliraner ist Mitbegründer von TV Persia – eigentlich ein Musik- und Entertainment-Sender. Mit seinem Programm will Ghiassi vor allen den Jugendlichen in seiner Heimat zeigen, dass es auch andere Lebensentwürfe gibt. "The Next Persian Star" wird von TV Persia gesendet und es sind Frauen ohne Kopftuch zu sehen. Im Iran ist ein solch westlich orientiertes Programm verboten.

TV-Studio (Foto:AP)
Auch beim britischen Auslandssender BBC Persia sind die Wahlen beherrschendes ThemaBild: AP

Ghiassi "begrüßt" den Verdacht auf Wahlmanipulation als Auslöser für eine Veränderung im Land. Selbst wenn Mussawi Wahlsieger geworden wäre, hätte dennoch der Religionsführer das letzte Wort. Mussawi sei eher ein Mittel zum Zweck für die Demonstranten. Die Demonstranten würden nämlich für eine Trennung von Staat und Religion eintreten. Leicht würde es jedoch nicht das Land zu wandeln: "Man muss es auch so sehen: diese Revolution, die angefangen hat, wird nicht von heute auf morgen irgendwas. Man muss mal Geduld haben. Monate, Jahre kann das dauern, unter Umständen." Das lege auch daran, dass die Bassijis, die Miliz Ahmadinedschads, eine Stärke von 800.000 bis 900.000 Mann haben und massiv gegen die Demonstranten vorgehen. Daher seien die Demonstrationen in letzter Zeit auch weniger geworden.

Reaktionen aus dem Iran

Fünf bis sechs Millionen Iraner erreichte TV Persia im Iran. Mittlerweile wird das Signal des Senders im Iran stark gestört. Politische Sendungen strahlt TV Persia zurzeit keine mehr aus. Es läuft traurige Musik – passende Musik, so Ghiassi, in Anbetracht der Toten, Verletzten und Inhaftierten. Viele Anrufer hätten betont, wie wichtig die Anteilnahme des Senders für sie war. Auch zwei Bassijis hätten angerufen und gesagt, dass sie sich, motiviert durch die Bilder, zurückziehen wollten. "Wenn das wirklich so wäre, für mich wäre auch ein Bassiji ein großer Erfolg", so Ghiassi.

Für TV Persia bleibt die Berichterstattung nicht folgenlos. Werbepartner sind abgesprungen, was für den Sender schwere Zeiten bringen wird. Einige Mitarbeiter haben schon erklärt, dass sie ohne Bezahlung weiter arbeiten würden. Morddrohungen gibt es auch. Der Sender steht unter Polizeischutz.

Autorin: Sonja Gillert

Redaktion: Sarah Mersch