Feiertag am islamischen Opferfest?
30. März 201360 Prozent aller Deutschen sind Christen. Deshalb gibt es in Deutschland auch neun bundeseinheitliche Feiertage mit christlichem Hintergrund, in einigen Bundesländern sogar noch bis zu vier weitere Tage. An diesen Feiertagen ist arbeitsfrei.
Aber einen muslimischen Feiertag? Den gibt es hierzulande nicht - dabei bekennen sich rund 5 Prozent der Menschen in Deutschland zum islamischen Glauben. Ein Ungleichgewicht, wie der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, findet: "Die Muslime sind schon eine signifikante Größe", so Mazyek zur Deutschen Presseagentur DPA, "was spricht gegen einen interreligiösen Kalender?"
Zwei offizielle Feiertage gefordert
Für diesen interreligiösen Kalender schlägt Mazyek zwei muslimische Feiertage vor: einen während des islamischen Fastenmonats Ramadan sowie einen am für die Muslime wichtigsten Tag im Jahr, dem Opferfest. "Hier geht es überhaupt nicht darum, dass ein zusätzlicher freier Tag für alle eingeführt werden soll", so Mazyek, "aber wenn diese Tage flächendeckend anerkannt wären, wäre dies ein schönes Zeichen der Toleranz und Integration".
Mazyeks Vorschlag ruft in Deutschland erwartungsgemäß gespaltene Reaktionen hervor. Die SPD begrüßte den Vorschlag grundsätzlich, der nordrhein-westfälische Sozialminister Guntram Schneider bezeichnete ihn in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) aber als "nicht finanzierbar". Der katholische Weihbischof Hans-Jochen Jaschke aus Hamburg sagte, dass zwar auch muslimische Feiertage einen gesetzlichen Schutz verdienten, er schränkte aber gleichzeitig ein: "Sie haben nicht den öffentlichen Charakter wie die Feiertage der christlichen Tradition."
CDU: Bestehende Feiertage schützen!
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg macht im Interview mit der Deutschen Welle klar, dass allein die Anzahl von rund 4 Millionen Muslimen in Deutschland noch kein Argument sei: "Wollen wir jetzt gucken, wie hoch der Anteil muslimischer Mitbürger ist und danach verteilen wir die Feiertage? Das wäre eine Gesellschaft, die nach Beliebigkeit und Proporz verfährt." Jeder könne auch so völlig frei entscheiden, welche Feiertage er feiern möchte. "Wir würden eine Diskussion aufmachen, in der wir über eine Quote diskutieren würden, welche Religion welche Feiertage bekommt", so Sensburg. Genauso könnten dann auch Juden, Hindus oder Atheisten Feiertage für sich fordern.
Viel wichtiger findet Sensburg, dass die bestehenden Feiertage in Deutschland besser geschützt werden: "Wir haben keine islamische Tradition in diesem Land, das lässt sich nicht wegreden. Die existierenden Feiertage aber haben eine lange Tradition. Diese kann man nicht aufweichen, indem wir alles gleichmachen." Die Diskussion um zusätzliche Feiertage könnte diese Traditionen gefährden: "Dann können wir irgendwann die Feiertage ganz ohne religiösen Hintergrund feiern und sie nur noch 'bank holiday' nennen - aber dann haben wir uns jedweder Wurzeln beraubt", so Sensburgs Szenario.
Vorreiter Bremen und Hamburg
Aiman Mazyek setzt in der Diskussion auf konkrete Umsetzungsvorschläge. Christliche und muslimische Arbeitnehmer sollten sich an ihren jeweiligen Feiertagen gegenseitig vertreten, so wie jetzt bereits muslimische Polizisten beispielsweise an Ostern für ihre christlichen Kollegen einspringen würden. Genauso könnte das beim Opferfest laufen, wenn es als offizieller Feiertag im Kalender stünde. "Für den Arbeitgeber wäre das hilfreich, dann weiß er: 'An diesem Tag wollen unsere Muslime frei machen'", so Mazyek.
Dass es tatsächlich zu bundesweiten muslimischen Feiertagen kommt - ob arbeitsfrei oder nicht - ist derzeit eher unwahrscheinlich. Trotzdem, ein wenig Rückenwind bekommen die Muslime aus den Bundesländern: So trat im kleinsten Bundesland Bremen beispielsweise bereits im Januar 2013 ein Vertrag mit muslimischen Verbänden in Kraft, der Arbeitnehmern an drei hohen islamischen Feiertagen im Jahr erlaubt, unbezahlt frei zu nehmen. Auch in Hamburg wurde ein ähnlicher Vertrag bereits auf den Weg gebracht.