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Israel als regionaler Brückenkopf im Kampf gegen Terrorismus

Zusammengestellt:Klaudia Prevezanos / Naser Shrouf22. Juli 2006

Zeitungen aus arabischen Ländern und Europa kommentieren auch am Samstag (22.7.) die Geschehnisse zwischen Israel und der Hisbollah. Die Auseinandersetzung wird mitunter als Stellvertreterkampf bewertet.

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Arabische Pressestimmen

Die libanesische Zeitung "Al-Safsir" ist davon überzeugt, dass Israel einen Krieg im Namen der USA und des Westen im Libanon führt:

"Der jetzige Krieg ist ein amerikanischer in erster Linie, dessen Hauptziel die Umsetzung der UN-Resolution 1559 ist. Israel hat bei der Führung dieses Krieges freie Hand von Washington bekommen; trotzdem bewegt sich der jüdische Staat letztendlich im Rahmen einer amerikanischen Strategie, die Israel auf der internationalen Bühne Rückendeckung gewährleistet und sein Recht auf Selbstverteidigung wiederholt unterstreicht. Seit der Verabschiedung der UN-Resolution 1559 haben die unterschiedlichen libanesischen Gruppierungen versucht, einen Konsens zur Umsetzung der Resolution durch Dialog zu erreichen, um die Stabilität und Einheit ihres Landes zu wahren. Als es allen klar geworden ist, dass diese Gruppierungen gescheitert sind, haben die USA Israel das Signal gegeben, die Umsetzung der Resolution militärisch aufzuzwingen. Unterm Strich hat dieser Krieg drei Ziele: Einerseits will Israel die Libanesen demütigen und sich für seine Niederlage gegenüber der Hisbollah im Jahr 2000 rächen, andererseits versucht Israel, einen gut ausgerüsteten Feind für allemal auszuschalten. Darüber hinaus soll dieser Krieg es leichter für die USA machen, aus dem Libanon eine Druckbühne für die ganze arabische Welt zu machen."

Die in der bahrainschen Hauptstadt Manama erscheinenden Zeitung "Akhbar El Khaleej" schreibt:

"Nach dem Krieg vom 1973 haben die Araber aufgehört, sich gegenseitig zu beschimpfen und Vorwürfe zu machen. Erst nach dem Einmarsch des Irak in Kuwait im Jahr 1990 haben die Araber dies wieder getan. Heute erleben wir nicht nur wieder eine gegenseitige Beschimpfung, sondern eine unvergleichliche Spaltung: Ein Teil der Araber macht die Hisbollah verantwortlich für den Krieg im Libanon; ein anderer unterstützt sie, während ein dritter aus Opportunisten besteht, die zurzeit schweigen und auf den Sieger warten, um sich später auf seine Seite zu stellen. Der vierte Teil, der die Mehrheit der Araber ausmacht, besteht aus jenen, die unter ihren totalitären Regimes, der Unbesonnenheit Israels, der überheblichen Macht der USA und schließlich der heuchlerischen und schwankenden Haltung der europäischen Länder wie Großbritannien, Deutschland, Italien und Frankreich leidet."

In der ägyptischen Zeitung "Al Ahram" heißt es in einem Kommentar:

"Der Iran entschied sich, den Joker - Hisbollah - in ihrer strategischen Auseinandersetzung mit dem Westen aus den folgenden Gründen einzusetzen: erstens das Scheitern der ersten Runde der Verhandlungen mit der EU über Alternativen für die Urananreicherung, woraufhin EU-Chefunterhändler Javier Solana mit der Verlegung der Verhandlungen in den Weltsicherheitsrat drohte. Zweitens: Der Iran wollte den Druck der G8-Länder in der Nuklearfrage vorwegnehmen, zumal Russland keinen Widerstand gegen die Zurückbringung des Atomstreits mit dem Iran in den Weltsicherheitsrat zeigte."

Europäische Pressestimmen

Die linksliberale französische Tageszeitung "Libération" meint zum Konflikt in Nahost:

"Der unerwartete Widerstand der Hisbollah-Milizen erklärt zweifellos, warum die Bush-Regierung ihrem Verbündeten Israel mehr Zeit einräumt. Wie unterschiedlich der Westen über mögliche Wege aus dem Krieg denkt, geht auf die beiden Sichtweisen vom Mittleren Orient zurück, die sich doch bereits im Irak zeigen. US-Außenministerin Condoleezza Rice hat darauf hingewiesen. Es gibt die Alte Welt, die auf ein Gleichgewicht in den Beziehungen zwischen Israel und der arabischen Welt bedacht ist. Dagegen steht die angelsächsische Vision, für die der Kampf gegen den Terrorismus Vorrang hat, wobei Israel der regionale Brückenkopf in diesem Kampf ist."

Die "Salzburger Nachrichten" schreiben:

"Das besorgte Europa tut sich schwer, eine vernünftige Strategie für das Ende dieses Konflikts anzubieten. Man spricht zwar gerne von einer internationalen Friedenstruppe, die die Konfliktparteien auseinander halten soll. Doch ist hier Vorsicht geboten. Wer immer seine Soldaten zwischen die Hisbollah und Israels Armee stellt, riskiert, eines Tages Särge nach Hause bringen zu müssen. Die Überwachung einer Pufferzone im Süden des Libanon wäre nicht zu vergleichen mit den Aufgaben der UNO-Truppen auf dem Golan. Dort überwacht man mit Zustimmung beider Seiten einen Zustand des Nicht-Krieges. Bleiben die USA als einzige Macht, die tatsächlich Einfluss auf Israel hat, die auch genug Druck auf arabische Länder ausüben kann, um auf ein Ende des Konflikts hinwirken zu können. Bisher schien es dem Weißen Haus durchaus recht zu sein, dass Israel die Hisbollah attackiert. Die Schläge treffen ja indirekt auch zwei der Bösewichte auf George W. Bushs 'Achse des Bösen': Syrien und den Iran."

Zur Nahost-Reise von US-Außenministerin Condoleezza Rice schreibt die niederländische Zeitung "de Volkskrant":

"Mit dem Gedanken, dass Israel Bewegungsfreiheit haben soll, um die Hisbollah auszuschalten, sind die USA bislang passiv geblieben. Aber da das jetzt sehr lange dauert, die Erfolgsaussichten zweifelhaft sind und die Gefahr droht, dass die Kosten größer sind als der Nutzen, wird ein Eingreifen erforderlich. Darum ist es gut, dass Ministerin Rice in den Nahen Osten reist. Sie wird die israelischen Politiker auf die Risiken einer von militärischer Logik diktierten Eskalation hinweisen müssen. Sie dürfen sich nicht da hineinziehen lassen. Ein sofortiger Waffenstillstand ist erforderlich, allerdings gekoppelt an einen vom Sicherheitsrat unterstützten Plan, mit dem die Entwaffnung der Hisbollah und die Sicherung der israelischen Nordgrenze endlich ernsthaft vorgenommen werden."

Die römische Zeitung "La Repubblica" schreibt zum Nahost-Konflikt und der in Rom geplanten internationalen Konferenz:

"An die Nahost-Konferenz, zu der die internationale Diplomatie am kommenden Mittwoch (26.7.) in Rom zusammentrifft, wird sich die einzige und vielleicht letzte Hoffnung klammern, den Gang des Krieges doch noch aufzuhalten, bevor er sich zu einem hochgefährlichen Kampfgetümmel in der ganzen Region ausweitet. Israel hatte bereits am Freitag ganze Divisionen an der Grenze zum Libanon zusammengezogen, zugleich bereiten sich 50.000 libanesische Soldaten darauf vor, wie sie einer möglichen Invasion entgegen treten können. Aber falls innerhalb der nächsten vier Tage bis zu der geplanten Konferenz nichts geschehen sollte, was nicht mehr gutzumachen ist, dann werden diejenigen, die man früher 'die Großen' genannt hatte, hoffen dürfen, dass sie einen Ausweg aus der schon heute äußerst blutigen Krise finden können."