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Angst vor Israels Rechtsruck

3. Mai 2015

Rechts, extrem rechts, ultrarechts, religiös und streng religiös – das ist das Spektrum, aus dem sich die künftige israelische Regierung speisen dürfte. Europäische Außenpolitiker fürchten um den Friedensprozess.

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Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die sich in Israel abzeichnende Bildung einer rechts-religiösen Regierung hat im Ausland Sorgen ausgelöst. Vor Ablauf der Frist am Mittwoch um Mitternacht bemüht sich der konservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei Koalitionsverhandlungen um eine regierungsfähige Mehrheit. Dabei zeichnet sich eine noch rechtere Konstellation als bisher ab.

Sollte sich eine solche Regierung in Jerusalem von der Zwei-Staaten-Lösung für die Beilegung des Konflikts mit den Palästinensern verabschieden, fordern deutsche und europäische Außenpolitiker einen Kurswechsel der deutschen Israel-Politik. "Es gibt zwei Staaten in der Welt, die wirksamen Druck auf Israel ausüben können, das sind die USA und Deutschland", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Ich würde es begrüßen, wenn Deutschland diese Schlüsselrolle nutzen würde, zum Beispiel, indem es weitere Waffenlieferungen von Fortschritten im Friedensprozess abhängig macht."

Finanzressort für Kulanu

Netanjahu hat bisher mit zwei Parteien Vereinbarungen unterzeichnet - der Mitte-Rechts-Partei Kulanu, die mit 10 von 120 Mandaten im Parlament voraussichtlich der größte Koalitionspartner wird, sowie dem streng religiösen Vereinigten Thora-Judentum (6 Sitze). Damit verfügt die Koalition bisher über 46 Sitze im 120 Abgeordnete zählenden Parlament.

Kulanu-Chef Mosche Kachlon wird den Angaben zufolge Finanzminister. Er wolle Reformen im Wohnungswesen und im Bankensektor vorantreiben und Unterschiede in der israelischen Gesellschaft verringern, kündigte Kachlon nach Angaben seiner Partei und des Likud an.

Mosche Kahlon (M.) von Kulanu wird wohl neuer Finanzminister (Foto: Reuters)
Mosche Kahlon (M.) von Kulanu wird wohl neuer FinanzministerBild: Reuters

Auf der ultraorthodoxen Website Kikar HaSchabat hieß es derweil, die Vereinbarung des Likud mit dem Vereinigten Thora-Judentum sehe die Abschaffung geplanter Strafen für Wehrdienstverweigerer vor. Ein im vergangenen Jahr verabschiedetes Gesetz sah vor, dass ab 2017 auch ultraorthodoxe Juden entweder den Wehrdienst oder Zivildienst ableisten müssen. Diese waren bislang davon ausgenommen.

Netanjahus Likud-Partei verhandelt mit einer weiteren religiösen Partei, Schas (7 Mandate), der extrem rechten Siedlerpartei Das Jüdische Haus (8 Mandate) sowie der ultrarechten Partei Unser Haus Israel (6 Mandate). Insgesamt hätten die sechs Parteien eine Mehrheit von 67 Sitzen im Parlament mit insgesamt 120 Sitzen.

Die Siedlung Beitar Illit im Westjordanland (Archivbild von 2010: dpa)
Die Siedlung Beitar Illit im Westjordanland (Archivbild von 2010)Bild: picture alliance/dpa

Netanjahus rechtsorientierter Likud war bei der Wahl am 17. März mit 30 Sitzen stärkste Kraft geworden. Vor der Wahl hatte Netanjahu einer Zwei-Staaten-Lösung erst eine Absage erteilt. Obwohl er seine Äußerungen nach seinem Sieg relativierte, rechnen Beobachter bei einer rein rechts-religiösen Regierung in Israel kaum mit Fortschritten im Friedensprozess mit den Palästinensern.

Dafür dürfte der international überwiegend als völkerrechtswidrig angesehene Bau israelischer Siedlungen im arabischen Ostteil Jerusalems und im Westjordanland weitergehen. Je mehr Israelis aber auf dem Gebiet eines möglichen künftigen Palästinenserstaates leben, desto unwahrscheinlicher wird dieser und damit die Zwei-Staaten-Lösung. Eine Abkehr Israels von der Zwei-Staatenlösung wäre "eine neue Geschäftsgrundlage, die wir auch neu zu bewerten hätten", sagte SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich. Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU).

stu/rb (afp, dpa)