IWF warnt Deutschland vor Sparkurs
14. Oktober 2021Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor einer zu strikten Sparpolitik in Deutschland und Europa. Eine zu schnelle Reduzierung der Schulden wäre kontraproduktiv und könne die wirtschaftliche Erholung beschädigen, sagte die IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath dem Handelsblatt. Schon früher hatte der IWF Deutschland auch wegen seines Sparkurses kritisiert.
Schuldenregeln würden zwar gerade in guten Zeiten helfen, um mehr Disziplin in den Haushalt zu bringen, so Gopinath. "Gleichzeitig hat sich aber das ökonomische Umfeld geändert. Wir leben in einer Zeit dauerniedriger Zinsen, auch wenn die Inflation gerade wieder etwas gestiegen ist." Die Schuldenregeln sollten flexibel angewandt werden. "Wenn höhere Investitionen notwendig sind, sollte Deutschland dafür eine Ausnahme von der Schuldenbremse machen." Dies gelte insbesondere mit Blick auf Investitionen in grüne Technologien und Digitalisierung.
Deutschland in einer "guten Position"
Auch auf Ebene der Europäischen Union (EU) sei es wichtig, Flexibilität zu zeigen. Die EU müsse den Stabilitäts- und Wachstumspakt einer veränderten makroökonomischen Realität anpassen, sagte Gopinath. "Es braucht eine Reform." Bis sich die EU-Staaten auf diese verständigt hätten, sei es wichtig, "eine langsamere Haushaltskonsolidierung zu erlauben". Um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen, hätten Länder hohe Schulden angehäuft, so Gopinath. "Die Regierungen nun zu zwingen, diese Schulden sehr schnell zu reduzieren, um die alten Regeln einzuhalten, wäre kontraproduktiv."
Die IWF-Ökonomin sieht Deutschland aber in einer "guten Position." "Laut unseren Prognosen wird Deutschland nach Ende der Pandemie mittelfristig wieder Haushaltsüberschüsse einfahren, aus denen Investitionen finanziert werden können." Das Land verfüge also auch im Rahmen der Schuldenbremse über Spielraum. Trotz der Herausforderungen des klimagerechten Umbaus mit ihrenAuswirkungen auf die deutsche Autoindustrie, sei Deutschland in einer guten finanziellen Verfassung. "Das können nicht viele Länder auf der Welt von sich behaupten", so Gopinath.
nm/hb (dpa, Handelsblatt)