Japan und Südkorea streiten um Fisch und Felsen
25. März 2005Die Japaner nennen die Insel Takeshima, die Koreaner Dokdo. Sie ist unbewohnt, nur 0,23 Quadratkilometer groß und ein langjähriger wunder Punkt. Südkorea hat die Felseninsel faktisch unter seiner Kontrolle und beansprucht sie für sich. Doch auch Japan, das sich während seiner Kolonialherrschaft in Korea (1910-1945) die Insel einverleibt hatte, hat Ansprüche angemeldet - das Provinzparlament von Shimane hat den 22. Februar als "Takeshima-Gedenktag" ausgerufen. Das hat in beiden Ländern alte Abneigungen wieder aufflammen lassen.
Eingefrorene Freundschaft
"Leider hat der Vertrag über die Aufnahme wechselseitiger Beziehungen, das war 1965, diese Frage nicht geregelt", erklärt Dr. Hans-Joachim Schmidt, Korea-Experte bei der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung. Eigentlich hätten Südkorea und Japan 2005 "40 Jahre diplomatische Beziehungen" feiern wollen, sagt Schmidt. "Aber es sieht so aus, als sei das Jahr der Freundschaft den Bach runter gegangen."
An der umstrittenen Herrschaft über Dokdo alias Takeshima hängen auch Interessen an den Fischgründen, Öl- und Gasvorkommen dort. Aber offenbar auch noch mehr: Emotionen. Um gegen den Anspruch Japans zu demonstrieren, versuchte ein 53-jähriger Mann, sich in Seoul vor der japanischen Botschaft zu verbrennen. Wenige Tage zuvor hatten sich eine Frau und ein Mann zwei Finger abgeschnitten.
Geschichtsbücher und Namensstreit
"Das war das Aufbrechen einer latenten antijapanischen Stimmung in Korea", erklärt Dr. Markus Tidten, der mit dem Schwerpunkt Korea bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) forscht. Vor allem die älteren Generationen nähmen Japan noch immer die Besetzung ihres Landes übel. "Dabei geht es Japan und Südkorea wirtschaftlich extrem gut, die Aussöhnung hat auch langsam Fortschritte gemacht."
Kleinere Verstimmungen, meistens durch unüberlegte Aktionen von Politikern, seien aber beinahe normal, berichtet Tidten. Etwa der Streit, ob das Meer zwischen Korea und Japan "Japanische See" oder "Ost-See" heißen solle. Oder die Verharmlosung der Korea-Besatzung in japanischen Geschichtsbüchern, ergänzt Schmidt. Oder möglicher Neid auf Japans Kandidatur auf einen Platz im Weltsicherheitsrat. Tidten resümiert: "Die Regierungen haben jedesmal ihre liebe Not, das Feuer wieder auszutreten."
Auswirkungen auf UN und Atomgespräche
Doch diesmal könnte der Streit weitere Kreise ziehen, abgesehen davon, dass die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen der beiden Länder wohl auf Eis liegen. "Japan ist in der Region etwas isoliert, weil es in seinem Weißbuch China eine Bedrohung nennt und seine wachsende Militärmacht Ängste vor einer erneuten Militarisierung schürt", erklärt Schmidt. Und wenn Japans Zustimmung in der Region noch weiter schwinde, könnten die UN ihre Haltung gegenüber Japans Sitz im Sicherheitsrat überdenken, vermutet Tidten. "Es schwächt Japans Position bei den Vereinten Nationen, es ist Öl ins antijapanische Feuer der Chinesen und es verdüstert die Versöhnungsaussichten mit Pjöngjang."
Denn angesichts der japanischen Ambitionen auf Takeshima hat Nordkorea bereits deutlich gemacht, dass es Japan am liebsten von den Sechser-Gesprächen über Nuklearwaffen ausschließen würde - die sind sowieso ins Stocken geraten. "Und Seoul ginge mit Tokio ein wichtiger Verbündeter in den Gesprächen verloren", sagt Tidten.
"Es wird eine Eiszeit geben", schätzt der SWP-Experte. Aber wirtschaftlich seien Japan und Südkorea eng verzahnt. Die Jugendlichen in Korea werden weiterhin japanischen Pop hören und die Japaner sich weiterhin die südkoreanische TV-Serie "Wintersonate" ansehen.