Jazzfest Bonn: Steinmeier ist größter Jazz-Fan
16. Mai 2019Die hellen Frauenstimmen des Kölner Vokal-Ensembles "Of Cabbages And Kings" zaubern ein seliges Lächeln auf Frank-Walter Steinmeiers Gesicht. Opernstar Thomas Quasthoff nickt im Rhythmus mit dem Kopf. Mit jedem Ton rücken die geladenen Gäste zusammen. Noch mehr Füße wippen im Takt und allmählich verwandelt sich das Entree der spätklassizistischen Villa Hammerschmidt in einen Jazzkeller nach dem Geschmack des Hausherrn.
Aber es ist wohl einer der besseren Sorte, immerhin wartet die präsidiale Küche mit Schlemmereien auf und es ist eifriges Protokollpersonal am Werk, damit alles glatt läuft. Im Gegensatz zu dem Abendkonzert in der Villa Hammerschmidt habe das Jazzfest Bonn schon eine "kleine Tradition", bemerkt das Staatsoberhaupt in seiner Begrüßung anerkennend. Vor zehn Jahren hat es Intendant Peter Materna aus der Taufe gehoben. Steinmeier begrüßte ihn herzlich mit Handschlag. Die Jubiläumsausgabe 2019 nennt Materna schlicht "neu", um so auf den ständigen Erneuerungsprozess im Jazz-Genre hinzuweisen. "Unser Villa-Konzert muss kein singuläres Ereignis sein", so Steinmeier, "alle Traditionen beginnen mit dem ersten Mal."
Erste Höreindrücke vom Jazzfest Bonn
Auch im zehnten Jahr seines Bestehens verspricht das Jazzfest Bonn eine Momentaufnahme der weltweiten Jazzszene. Das Festival startet offiziell an diesem Freitag (17.05.2019) mit Gastspielen des Lisa Wulff Quartetts und des Thomas Quasthoff Quartetts im Bonner Opernhaus. Schlag auf Schlag geht es bis zum 31. Mai weiter: Zu den Highlights des Konzertprogramms zählen Mezzoforte und Power of Tower, Tony Lakatos und Joe Lovano, Manu Katché und Jason Moran. Auch viele junge Jazzer sind beim Jazzfest dabei, das die Deutsche Welle als Medienpartner begleitet. Der deutsche Auslandssender wird auch 2019 einige Konzerte als Audio-on-Demand oder zum Download anbieten.
Der Jazzabend in der Villa Hammerschmidt, seinem Bonner Amtssitz, war Steinmeier sichtlich ein Herzensanliegen. Seine rund 100 Gäste, darunter viele Künstler und Kulturschaffende, bekamen denn auch erste Höreindrücke von den Top Acts des Bonner Jazzfestes: Der vom Opernstar zum Jazzvirtuosen gewandelte Sänger Thomas Quasthoff trat auf, ebenso der Jazz-Pianist Frank Chastenier, das Duo Julia Hülsmann und Christopher Dell und eben das bezaubernde Vokal-Ensemble Of Cabbages And Kings.
Steinmeier: Jazz ist meine Musik
Frank-Walter Steinmeier outete sich einmal mehr als leidenschaftlicher Jazz-Fan. Schon 2017 bei einem Jazzkonzert im Berliner Schloss Bellevue hatte er die historische Bedeutung des Jazz betont: "Jazz war nach dem Krieg für die Deutschen so etwas wie der Soundtrack zum neuen Leben", erinnerte der Bundespräsident, "die Melodie der Befreiung, vielleicht sogar der Freiheit." Steinmeier freute sich seinerzeit über "die ganz besondere Verbindung zwischen Struktur und Freiheit, Konzept und Improvisation, Strenge und Spontaneität im Jazz." Und es klang wie eine Liebeserklärung des Bundespräsidenten, als er feststellte: "Ich sage nur: Jazz ist am Stärksten auch meine Musik."
Noch am Vormittag hatten der Bundespräsident und seine Frau Elke Büdenbender eine Debatte im Deutschen Bundestag zum 70. Jahrestag der Verkündung des Deutschen Grundgesetzes verfolgt. Seit Tagen war Steinmeier zwischen Berlin und Bonn, der Haupt- und der Bundesstadt hin- und hergependelt. Im Bonner Haus der Geschichte diskutierte er mit Studierenden der Universität Bonn, auch hier das Thema: "70 Jahre Grundgesetz". Bei dem abendlichen Jazzkonzert in der Villa Hammerschmidt aber verband der Bundespräsident endlich beides - persönliche Leidenschaft und politischen Auftrag.