"Wir müssen die Emotionen herunterkühlen"
12. Dezember 2017DW: Wir haben Bilder gesehen, auf denen Menschen die israelische Flagge im Herzen Berlins vor dem Brandenburger Tor verbrennen. Was fühlen Sie, wenn Sie so etwas sehen?
Jeremy Issacharoff: Es macht mich sehr traurig, so etwas in Berlin zu sehen. In einer Stadt, die mich vor fast vier Monaten so warm empfangen hat. Ich bin mir sicher, dass dies nicht die Bundesregierung oder die deutsche Bevölkerung insgesamt repräsentiert. Ich glaube, es handelt sich um ein Randelement, dass auf eine zentrale Sache abzielt: Es geht nicht darum, dass diese Demonstranten etwas gegen die israelische Politik haben, sie haben etwas gegen die Tatsache, dass Israel eine Stellung hat. Und in diesem Sinne ist das Verbrennen einer Flagge wie das Verbrennen der eigenen Integrität und der eigenen Toleranz. Und das muss umfassend verurteilt werden.
Die Verbrennung der Flagge ist in Deutschland auf der ganzen Linie verurteilt worden. Aber reden wir über Israels Stellung. Deutschland und Israel haben sehr enge Beziehungen. Aber dennoch ist Angela Merkel gegen die Entscheidung von Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Sind sie enttäuscht darüber?
Ich kann für die israelische Regierung sprechen, wenn ich sage: Jede Vereinbarung zwischen Israel und den Palästinensern wird letztendlich den Status Jerusalems als israelische Hauptstadt beinhalten.
Ein ungeteiltes Jerusalem als israelische Hauptstadt?
Jerusalem ist die Hauptstadt Israels. Der Premierminister hat gesagt, dass wir weiterhin versuchen, Frieden mit all unseren arabischen Nachbarn, einschließlich der Palästinenser, zu erreichen. Und es wird da keine Veränderung bei der derzeitigen Politik der Freiheit des Zugangs und der Freiheit der Religionsausübung in Jerusalem geben. Sie hat Jerusalem geholfen, viele verschieden Herausforderungen zu meistern.
Aber es gibt im Moment kein Anzeichen für Frieden in diesem Konflikt. Würde Israel eine Friedenslösung akzeptieren, in der Ostjerusalem die Hauptstadt eines palästinensischen Staates ist?
Ich komme aus Jerusalem. Jerusalem ist meine Heimatstadt. Ich lebe dort seit vielen Jahren, meine Familie lebt dort seit vielen Generationen. Ich kenne ein Jerusalem, in dem Juden und Arabern über viele verschiedene Zeiten friedlich zusammengelebt haben. Wir sollten anerkennen, dass es viel mehr Potential des Zusammenlebens in dieser Stadt gibt. Und ich glaube weiterhin daran: Jerusalem ist eine spirituelle Stadt, es ist eine Stadt der Gelassenheit, der Ruhe, der Spiritualität und ich glaube, dass die Menschen am Ende einen Weg für eine Vereinbarung finden werden. Aber die wird nicht erreicht durch das Verbrennen von Flaggen oder indem man die Position des anderen nicht toleriert.
Sie sagen, Jerusalem ist eine spirituelle Stadt, auch eine spirituelle Stadt für die Muslime. Können sie deren Verzweiflung und Frustration verstehen über die Entscheidung, dass Jerusalem nur die Hauptstadt Israels ist?
Ich verstehe, dass alle Religionen, Christentum und der Islam, sehr empfindsam sind, was Jerusalem betrifft. Deshalb schützt Israel seit Jahrzehnten den völlig freien Zugang zu allen heiligen Stätten und die freie Religionsausübung. Das was wir von anderen erwarten würden, erwarten wir auch von uns selbst. In diesem Sinne erkennen wir auf einer alltäglichen Basis die Befindlichkeiten aller Bewohner an. Während des Ramadan kommen Zehntausende zum Gebet in die Moschee, ohne dass sie daran gehindert werden und sie werden unterstützt von den israelischen Behörden. Wir tun alles, was wir können, um die Religionsausübung zu schützen. Was die Politik betrifft, müssen sich die Menschen zusammensetzen und anerkennen, dass Israel die Heimat des jüdischen Volkes ist und auf der anderen Seite die Heimat der Palästinenser. Wir müssen einen Weg finden, uns zusammenzusetzen und zu einer Vereinbarung zu kommen.
Glauben Sie, dass Präsident Trumps Entscheidung dabei kontraproduktiv ist?
Die Ankündigung von Präsident Trump ist ein Kennzeichen amerikanischer Politik zu einem bestimmten Aspekt der Friedensvereinbarung und sie ist sicherlich wichtig und ich werde sie nicht kleinreden. Auf keinen Fall versucht er - das sind seine eigenen Worte - eine endgültige Vereinbarung zwischen den Parteien selbst zu beeinträchtigen. Mann sollte außerdem die Temperatur und die Emotionen im Nahen Osten herunterkühlen. Wir erreichen nichts durch Konfrontation. Wir haben Konfrontation seit Jahrzehnten. Wir müssen das tun, was wir mit den Ägyptern, den Jordaniern und sogar mit den Palästinensern getan haben: Uns hinsetzen und versuchen, politische Lösungen zu finden. Vor 40 Jahren haben wir Frieden erreicht durch die mutige Führung des ägyptischen Präsidenten Sedat und von Premierminister Begin. Er hat 40 Jahre gehalten und ist zu einem strategischen Faktor geworden.