Juncker legt Reformideen vor
6. Dezember 2017Wo es lang gehen soll, das hatte EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker schon im September vorgezeichnet. Die Kommission will die europäische Wirtschafts- und Währungsunion zukunftsfest machen und deshalb einige ihrer Institutionen umbauen. Aber auch der Gegenwind von Seiten der EU-Finanzminister ist schon zu spüren. Unter denen sind nämlich auch die, deren Länder den Euro nicht als eigene Währung eingeführt haben. Die fürchten nun, zu einer Art B-Liga in der EU zu werden.
EU-Finanzminister?
"Nach Jahren der Krise ist es jetzt an der Zeit, Europas Zukunft in unsere eigenen Hände zu nehmen", erklärte Kommissionspräsident Juncker nun in Brüssel. Ziel sei eine "geeintere, effizientere und demokratischere" Wirtschafts- und Währungsunion. Die gute Wirtschaftslage gebe dazu die Möglichkeit, betonte Juncker. "Es gibt keine bessere Zeit, das Dach zu reparieren, als wenn die Sonne scheint."
Die EU-Kommission will dazu einen europäischen Finanzminister schaffen. Er soll gleichzeitig als Vizepräsident der Kommission angehören und Chef der Eurogruppe sein, teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit. Dadurch würden Zuständigkeiten und Kompetenzen zusammengeführt.
In seiner Rede im September hatte Kommissionspräsident Juncker deutlich gemacht, dass er sich einen gemeinsamen EU-Finanzminister wünscht. Der wäre damit etwas gleicher als seine Kollegen im Kreis der EU-Finanzminister. Der noch amtierende Eurogruppenchef ist Jeroem Dijsselbloem aus den Niederlanden. Und er hat schon einmal Einwände gegen eine andere Juncker-Idee angemeldet: die Eingliederung des Euro-Rettungsschirms ESM in die EU-Institutionen.
Euro-Währungsfonds?
Auf Grundlage des Euro-Rettungsfonds ESM will die Kommission einen Europäischen Währungsfonds (EWF) aufbauen. Vorbild ist offenbar der Internationale Währungsfonds (IWF), der auch in Europa bei der Rettung von Krisenstaaten bisher eine zentrale Rolle gespielt hat. Darüber hinaus soll der EU-Währungsfonds als letzte Möglichkeit einspringen, wenn vorhandene Gelder zur geordneten Abwicklung von in Schieflage geratenen Banken nicht mehr ausreichen.
Derzeit wird der ESM - der etwa Milliardenkredite an pleitebedrohte Länder vergeben kann - von den EU-Staaten kontrolliert. Ein europäischer Währungsfonds soll möglichwerweise vom EU-Parlament kontrolliert werden. Diese Eingliederung des ESM in die EU-Institutionen treffe auf wenig Gegenliebe, hatte der scheidende Eurogruppen-Chef Dijsselbloem unlängst festgestellt.
Euro-Haushalt?
EU-Kommissionschef Juncker hat sein sogenanntes Nikolaus-Paket noch rechtzeitig zum letzten EU-Gipfel in diesem Jahr in einer Woche in Brüssel geschnürt. Dort dürfte das mächtigste EU-Mitgliedsland nicht mit üblicher Kraft auftreten: In Berlin arbeit derzeit nur ein geschäftsführendes Kabinett, die neue deutsche Regierung steht noch lange nicht. Aus Frankreich dagegen kommen positive Signale: Präsident Macron hatte selbst schon ähnliche Pläne publik gemacht und wartet seither auf Antwort von den Partnern.
Macron hatte sich dabei auch ein weiteres Stück aus dem Juncker-Paket vorgenommen: ein gemeinsamen Haushalt der Euro-Länder. Dieser gemeinsame Topf solle "mehrere Prozentpunkte" der Wirtschaftsleistung der Euro-Mitglieder umfassen und folglich mit einigen hundert Milliarden Euro gefüllt werden.
Das geht Juncker offenbar zu weit. Vorschläge der Kommission sehen lediglich "neue Haushaltsinstrumente" vor, um Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Reformen zu unterstützen und Nicht-Mitgliedern der Währungsunion den Weg in die Gemeinschaftswährung zu ebnen. Gleichzeitig will Brüssel den Europäischen Fiskalpakt für Haushaltsdisziplin, der bisher auf einem zwischenstaatlichen Vertrag beruht, zu EU-Recht machen.
ar/hb (dpa, rtr - Archiv)