Jung, innovativ und aus Afrika
21. März 2018Digitale afrikanische Gründerinnen und Gründer sowie deutsche Start-ups mit Ideen für den afrikanischen Markt mit etablierten Unternehmen zusammenbringen, das ist die Idee, die hinter der "Start-up Night! Afrika" steht. Ende Oktober 2017 fand sie zum ersten Mal im Bundeswirtschaftsministerium statt. "Die Veranstaltung war aus unserer Sicht wirklich ein großer Erfolg", sagt Andreas Goerdeler, der im Ministerium für die digitale Wirtschaft zuständig ist. "Für viele der Startups, die teilgenommen haben, haben sich konkrete Kooperationen ergeben."
Beispielsweise für "emptytrips" aus Südafrika. Das junge Unternehmen bietet eine Plattform, die freie Transportkapazitäten in LKW, Güterzügen, Schiffen und Transportflugzeugen, die ihre Fracht abgeladen haben, anzeigt und vermittelt. Ökonomisch und ökologisch sinnlose Leerfahrten können so vermieden werden. "Das ist natürlich nicht nur für Afrika, sondern auch für Deutschland interessant", so Goerdeler. "emptytrips" sei in Gesprächen über Partnerschaften mit mehreren etablierten Logistikunternehmen.
Erfolgreicher als gedacht
Gefunden haben sich im Bundeswirtschaftsministerium auch das nigerianische Startup "LifeBank" und "Tec4med" aus Darmstadt. Die beiden Unternehmen wollen gemeinsam ländliche Gebiete in Afrika mit Blutkonserven versorgen. Die Deutschen liefern mobile Kühlboxen, LifeBank hat eine Datenbank erstellt, aus der sich ergibt, wo welche Blutkonserven zur Verfügung stehen und wo sie gebraucht werden. "Das ist ein immens wichtiges medizinisches Projekt, was wirklich auch konkret hilft und Leben retten kann", beschreibt Goerdeler die deutsch-afrikanische Kooperation.
Im Wirtschaftsministerium war man vom Erfolg der ersten "Start-up Night! Afrika" so angetan, dass nach nicht einmal fünf Monaten nun eine zweite stattfand. Als einer von fünf Unternehmern präsentierte beispielsweise Emmanuel Mbalam aus Ghana sein Start-up "Flippify". Er hat das Problem erkannt, dass viele Afrikaner keinen Zugang zu normalen Banken haben. "In Ghana gibt es das Problem, dass vor allem junge Menschen noch nicht einmal einfache Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen können. In ganz Afrika sind 350 Millionen Menschen davon betroffen, weltweit sogar zwei Milliarden."
Mit einem Fintech durchstarten
In diese Lücke will Mbalam mit "flippify" vorstoßen. Mit künstlicher Intelligenz und den Daten, die die Nutzer zur Verfügung stellen, werden persönlich zugeschnittene Finanzprodukte erstellt. Beispielsweise Sparpläne, mit denen man gesteckte Ziele erreichen kann. Das Unternehmen verdient, indem es für seine Dienstleistungen kleine Gebühren erhebt.
In Ghana, Nigeria, Kenia und Südafrika ist die Digitalisierung auf dem Vormarsch. Städte wie Lagos, Nairobi und Kapstadt haben sich zu rasant wachsenden Start-up Metropolen entwickelt. Mit 560 Millionen US-Dollar wurde 2017 doppelt soviel Risikokapital in afrikanische Start-ups investiert wie 2016. Google und Facebook haben in Lagos große Tech-Hubs errichtet. Auch deutsche Unternehmen wie beispielsweise SAP und Siemens engagieren sich vor Ort.
Afrikanische Gründerinnen in deutschen Lieferketten
Melanie Hawken, Geschäftsführerin des Gründerinnen-Netzwerks "Lionesses of Africa" freut sich darüber, dass sie Siemens im Zuge der ersten Start-up Night des Wirtschaftsministeriums als Partner für ihr Netzwerk gewinnen konnte. "Ich habe ihnen erklärt, was wir machen, um digitale Unternehmerinnen in Afrika zu unterstützen und wie sie in die großen deutschen Lieferketten passen könnten", erklärt Hawken.
Siemens arbeite jetzt mit 30 afrikanischen Gründerinnen zusammen und helfe ihnen, ihr Unternehmen auf eine neue Ebene zu heben. "Das verändert Leben und das verändert auch die Art und Weise, wie Europa und auch Deutschland Geschäfte mit Afrika macht: Das ist die richtige Botschaft."
Arbeitsplätze dringend gesucht
Kooperation auf Augenhöhe, so lautet auch das Motto der Initiative "Pro! Afrika", die die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht hat. Die Start-up Veranstaltungen des Wirtschaftsministeriums sind Teil dieser Initiative. Es geht darum, Perspektiven und Arbeitsplätze in afrikanischen Ländern zu schaffen und damit den Ursachen von sozialer Spaltung und verstärkter Migration in Richtung Europa entgegenzuwirken.
Für die deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen gibt es noch viel Luft nach oben. Gerade einmal zwei Prozent des deutschen Außenhandels entfallen auf Afrika. "Wir sind froh, dass im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, dass die Kooperation mit Afrika auf allen Ebenen ausgebaut werden soll", betont Andreas Goerdeler für das Bundeswirtschaftsministerium. Afrika sei ein Kontinent der Chancen und des Aufbruchs.
Die größte Chance Afrikas ist aber gleichzeitig auch seine größte Herausforderung: Die vielen jungen Menschen. Der Anteil der unter 15-jährigen liegt bei 41 Prozent. Etwa 20 Millionen Jobs müssten pro Jahr in Afrika geschaffen werden, damit die Jugend eine Perspektive hat. Eine Mammutaufgabe. 20 Millionen, das entspricht ungefähr der Hälfte der gesamten Beschäftigtenzahl in Deutschland.