Kabinett beschließt Reform der Energiewende
8. Juni 2016Die Bundesregierung hat neue Spielregeln für die Förderung von Ökostrom in Deutschland verabschiedet. Durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) wird ein Systemwechsel eingeleitet. Ökostrom soll künftig nur noch dann staatlich gefördert werden, wenn Anbieter sich zuvor bei Ausschreibungen durchgesetzt haben. Das günstigste Angebot soll zum Zug kommen.
Gabriel: "Paradigmenwechsel in der Energiepolitik"
Damit werde ein "Paradigmenwechsel" eingeleitet, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, weil "wir wegkommen von staatlich festgesetzten Preisen, hin zu einem marktwirtschaftlichen System". Bislang garantierte der Staat über das EEG Ökostromproduzenten feste Preise, zu denen sie Grünstrom für 20 Jahre ins Stromnetz einspeisen konnten. Das ist mit Beginn der neuen Förderperiode Geschichte - hat aber in den zurückliegenden 15 Jahren zu einem wahren Boom der erneuerbaren Energien in Deutschland geführt. Aktuell liegt der Anteil des Ökostroms in Deutschland bei 33 Prozent.
Mit dem neuen Modell gibt es konkrete Strommengen für die einzelnen Technologien, die ausgeschrieben werden. Bei der Windkraft an Land sollen in den kommenden drei Jahren jährlich Anlagen mit maximal 2800 Megawatt Leistung zugebaut werden, bei der Photovoltaik 600 Megawatt und bei Biomasse 150 Megawatt jährlich für die nächsten drei Jahre. Zudem peilt die Regierung an, den Ausbau bis 2025 auf 45 Prozent des Verbrauchs zu begrenzen. So soll die Energiewende berechenbarer und besser steuerbar werden, hofft die Regierung - was besonders von Branchenverbänden als ein "Ausbremsen der Ausbaudynamik" scharf kritisiert wird.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll an den Fortschritt beim Ausbau der Netzinfrastruktur gekoppelt werden. "Es fehlen die Netze für einen zu schnellen Ausbau", sagte Gabriel und erläuterte, dass vor allem im windreichen Norden oft Überschussstrom von Windrädern abgeregelt werden müsste, weil die Leitungen zum Abtransport fehlten. Deshalb plant die Bundesregierung eine Ausweisung von Netzengpassgebieten, in denen die Förderung stärker gedrosselt werden kann, je gravierender die Probleme beim Stromabtransport sind. "Ziel des Gesetzes ist die Synchronisierung von Netzausbau und dem Ausbau der Erneuerbaren", sagte Gabriel.
Merkel sieht kein Ausbremsen der Energiewende
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wies die Vorwürfe von Branchenverbänden der erneuerbaren Energien zurück, dass die Reform den Ausbau der Erneuerbaren "abwürge". Die wiederkehrenden Warnungen, der Ausbau komme damit zum Erliegen, seien "absolut falsch", sagte Merkel beim Kongress der Energie- und Wasserwirtschaft in Berlin. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass die verabredeten Ausbauziele meist weit überschritten worden seien. Besonders die Branchenverbände der erneuerbaren Energien werfen der Bundesregierung vor, mit der Brechstange erprobte und erfolgreiche Instrumente zur Ökostromförderung kaputtzuschlagen.
Die Liste der Vorwürfe gegen die jetzt auf den Weg gebrachte Reform ist lang: Die Bundesregierung favorisiere mit ihrem Ausschreibungsmodell große Energiekonzerne, die Ressourcen für teure Ausschreibungen hätten. Die Akteursvielfalt der Energiewende sei dadurch gefährdet, ebenso wie der Klimaschutz. "Die Klimaziele werden mit der EEG-Reform nicht erreicht werden können, da der Ausbau erneuerbarer Energien im Bereich Strom eher ausgebremst wird", sagt Klaudia Kemfert, Energieökonomin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Vizekanzler Gabriel widerspricht: "Die Klimaschutzziele Deutschlands werden wir erreichen, wenn wir in anderen Bereichen wie Wärme oder Verkehr genauso gut werden wie beim Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor." Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz vom Bundestag beschlossen werden und Anfang 2017 in Kraft treten.