(kannste weglassen)
4. Juni 2010
Erstmals spricht ein deutscher Verteidigungsminister davon, dass das Aussetzen der Wehrpflicht eine Option sei, um Geld zu sparen. So mancher General würde lieber auf die Wehrpflicht verzichten als auf andere militärische Fähigkeiten, teilte Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit, zumindest gebe es in der Sparklausur keine Denkverbote.
Angeschlagen ist die Wehrpflicht ohnehin schon: Die vom Kabinett beschlossene Verkürzung der Dienstzeit von neun auf sechs Monate ab 1. Juli 2010 halten Beobachter für den Anfang vom Ende. Denn in dieser kurzen Zeit könne die Bundeswehr ihre Rekruten nicht gründlich ausbilden. Es sei ein ambitioniertes Ziel, so Guttenberg, das halbe Jahr bei der Bundeswehr optimal zu gestalten. Er weigere ich aber, von einem Wehrpraktikum zu sprechen.
Kürzer und kürzer: Der Wehrdienst
Der Minister selbst leistete Anfang der 90er-Jahre noch zwölf Monate Wehrdienst. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges behielt die Bundeswehr die jungen Männer für 18 Monate in den Kasernen, der Zivildienst dauerte sogar noch länger - ein massiver Eingriff des Staates in die Lebensplanung der jungen Männer. Begründet wurde er mit der Teilung Deutschlands und der Bedrohung für die Bundesrepublik.
Mit der Mauer fiel auch diese Rechtfertigung. Die Bundeswehr wurde immer kleiner und der Wehrdienst immer kürzer. Nun war das Hauptargument, die Wehrpflicht sei ein unverzichtbares Scharnier zwischen Armee und Gesellschaft. Außerdem verschaffe sie der Bundeswehr qualifizierten Nachwuchs. "Die Bundeswehr will ihren Nachwuchs gewinnen und nicht kaufen, sie ist damit in ihrer Geschichte gut gefahren", erklärte der sozialdemokratische Verteidigungsminister Peter Struck 2004 im Bundestag. "Eine Entfremdung zwischen Gesellschaft und Streitkräften darf und wird es nicht geben!"
In Europa ein Auslaufmodell
Während traditionsreiche Armeen wie die französische oder spanische sich von der Zwangsrekrutierung verabschiedeten, blieben die beiden großen deutschen Volksparteien CDU und SPD dabei: Die Bundeswehr muss eine Wehrpflichtarmee bleiben - bloß keine Berufsarmee! Auch historische Erfahrungen spielen hierbei eine Rolle: Die deutsche Parlamentsarmee soll möglichst eng mit der Gesellschaft verbunden sein und sich nicht zum unabhängigen Machtzentrum entwickeln können.
So nachvollziehbar diese Argumente sein mögen, ein großes Problem ist bisher ungelöst: Es werden immer weniger junge Männer zum Wehr- und Zivildienstdienst eingezogen. Von Wehrgerechtigkeit kann keine Rede mehr sein. Wer partout nicht dienen will, der findet Wege, es zu vermeiden.
FDP: Nein zum staatlich verordneten Zwangsdienst
Als 2009 mit der FDP ein erklärter Gegner der Wehrpflicht an die Regierung kam, wurde die Abschaffung erneut zum Thema. Da CDU und CSU sich aber sträubten, wurde ein Kompromiss gefunden: Sechs statt neun Monate Wehrpflicht. Militärisch sinnvoll sei das nicht, kritisieren Fachleute wie der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Hartmut Bagger. "Wenn man weiß, wie die Ausbildung in der Bundeswehr verläuft, dann kann man mit sechs Monaten nichts mehr anfangen."
Gleiches gilt für den Zivildienst. Daher sollen die Zivildienstleistenden motiviert werden, sich freiwillig für 12 statt für sechs Monate zur verpflichten. Gezahlt wird die Verlängerungszeit vom Staat. Außerdem sollen mehr Wehrpflichtige eingezogen werden. Dann würde die Reform aber mehr Geld kosten und keines einsparen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist skeptisch, er verlangt vom Verteidigungsminister harte Einsparungen. Und so könnte für die Wehrpflicht, die es seit 1956 in Deutschland gibt, bald die letzte Stunde geschlagen haben.
Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Kay-Alexander Scholz