Wo soll das Geld für die Sanierung herkommen?
3. Juni 2010Verkleinerung der Bundeswehr, Ausweitung der LKW-Maut, Erhöhung der Tabaksteuer, Einsparungen bei Klimazielen und beim Elterngeld, Einführung einer Steuer auf Flugtickets, 10 Millionen Euro weniger für das Goethe-Institut – in Berlin wird eifrig über potenzielle Sparbeschlüsse spekuliert. Aber eben nur spekuliert, denn Genaues ist nicht zu erfahren, auch nicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Denn der hält sich bedeckt und sagt nur, er wolle sich nicht an den Spekulationen beteiligen, weil er sonst wohl ungeeignet für sein Amt wäre.
Allerdings ist es kein Geheimnis, dass es erhebliche Einschnitte geben muss. Daran hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel jüngst im Bundestag keinen Zweifel gelassen, als sie darauf hinwies, dass auch in Deutschland seit über 40 Jahren zu viel Schulden gemacht wurden: "Auch wir leben auf Pump". Allerdings werde sich bei der Vorlage des Haushaltes 2011 zeigen, dass es nunmehr in der Verfassung eine Schuldenbremse gebe, so Merkel weiter.
Leben auf Pump
Im Grundgesetz steht in den Artikeln 109 und 115, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Artikel 143d besagt, dass diese Regelung erstmals im Haushaltsjahr 2011 anzuwenden ist. Da das unmöglich ist, gibt es eine Übergangsregelung, nach der erst 2016 nur noch das ausgegeben werden darf, was auch eingenommen wird. Das bedeutet aber, dass ab 2011 jedes Jahr 10 Milliarden Euro eingespart werden müssen.
Viel Spielraum gibt es im Bundeshaushalt allerdings nicht. Dazu verwies Merkel auf die Sozialausgaben, die 55 Prozent des diesjährigen Gesamtetats ausmachen. Hinzu kämen dann noch Zinsen für die Schulden und die Personalausgaben - da bleibe nicht viel übrig für die Zukunft.
320 Milliarden Euro gibt der Bund im Jahr 2010 aus, davon allein rund 80 Milliarden Euro für Renten. Bei den Alterbezügen soll aber nicht gekürzt werden, das hat der Bundesfinanzminister jedenfalls kategorisch ausgeschlossen. Bleibt das verbleibende Drittel des Sozialetats und damit das Geld, das für Menschen ausgegeben wird, die keine Arbeit haben. Aber auch hier solle es nicht um Kürzungen gehen, hatte die Bundeskanzlerin erklärt. Aber man müsse sehr wohl nachsehen, welche Fördermaßnahmen wirken und welche nicht. Merkel wörtlich: "Die Arbeitsmarktinstrumente werden schon auf den Prüfstand kommen."
Abbau von Subventionen
Das Lieblingsthema des Finanzministers sind die Subventionen, also Steuernachlässe und Finanzhilfen, die der Staat gewährt. Sie haben im laufen Jahr ein Volumen von rund 24 Milliarden Euro. So werden in Deutschland beispielsweise Gehaltszuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit nicht besteuert, die energetische Sanierung von Wohngebäuden wird gefördert, und wenn ein Bauer seinen Betrieb aufgibt, dann wird auch er dabei vom Staat unterstützt. Für Schäuble ein weites Feld für Kürzungen.
Vor allem steuerliche Vergünstigungen will er unter die Lupe nehmen, um zu sehen, an welchen Stellen der reguläre Steuersatz eingetrieben werden könnte. Beim Thema Subventionsabbau kann die Regierung mit der Unterstützung der Opposition rechnen. Allerdings hat die ihre ganz eigenen Vorstellungen, wo man kürzen könnte. Sie sieht der Grüne Parteivorsitzende Cem Özdemir mögliche Mehreinnahmen in Höhe von 16 Milliarden Euro, wenn ökologisch schädliche Subventionen abgeschafft würden. Als Beispiele nannte er die Steuerfreiheit für Flugbenzin, das Dienstwagenprivileg oder Befreiungen von der Ökosteuer.
Direkte Steuererhöhungen
Damit würde sich die Regierung allerdings kaum Freunde machen. Vor allem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist umstritten. Sie würde zwar auf einen Schlag die meisten Einnahmen bescheren, doch die Parteivorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, fände diesen Schritt fatal: Denn die Leute, die ohnehin schon das wenigste Geld haben, wären davon am stärksten betroffen. Lötzsch kündigte schon an, sich gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu stellen, weil die vor allem die sozial Schwachen treffe.
Auch die SPD argumentiert gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer, mit einer Ausnahme: Sollte die Bundesregierung den gerade erst ermäßigten Steuersatz für Hotelübernachtungen wieder erhöhen, dann würde es bei den Oppositionsparteien riesigen Beifall geben. Und in der Bundesregierung wird über diesen Schritt tatsächlich nachgedacht.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Hartmut Lüning