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Kabul und Islamabad gehen auf Taliban zu

Shamil Shams10. Februar 2014

Präsident Karsai will offenbar kurz vor dem Ende seiner Amtszeit mit den Taliban zu einer Vereinbarung kommen. Auch sein Amtskollege Sharif setzt auf Verhandlungen mit den Extremisten.

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Treffen Hamid Karzai mit Nawaz Sharif Premierminister Pakistan (Foto: Reuters)
Sharif und Karsai im November 2013 in KabulBild: REUTERS

Unterhändler von Hamid Karsai sollen Verhandlungen mit den Taliban hinter dem Rücken der USA geführt haben. Die Initiative sei bereits im vergangenen November von den Taliban ausgegangen, berichtete die "New York Times" am 3. Februar. "Ich kann bestätigen, dass die Taliban mehr denn je dazu bereit sind, sich am Friedensprozess zu beteiligen", sagte Karsais Sprecher Aimal Faizi der Nachrichtenagentur Reuters. "Es haben Kontakte stattgefunden und wir sind in Verbindung mit den Taliban."

Auch ein namentlich nicht genannter Vertreter des Hohen Friedensrates, also des von der Regierung Karsai eingesetzten Gremiums zur Kontaktpflege mit den Taliban, bestätigte die Gespräche gegenüber Reuters: "Vor drei Wochen haben in Dubai Gespräche zwischen unseren Regierungsvertretern und Taliban-Vertretern stattgefunden, die aus (deren Vertretung in) Doha gekommen waren." Der Friedensrat warte aber noch auf die Ergebnisse, so der Sprecher weiter.

"US-Beteiligung unwahrscheinlich"

Vermutungen, dass Washington über die einseitige Initiative Kabuls verärgert sei, wies der US-Außenamtssprecher zurück. Man sei immer für einen innerafghanischen Versöhnungsprozess gewesen, und das beinhalte, dass "Afghanen mit Afghanen reden", so der Sprecher laut Reuters.

Karsai vor Loja Dschirga im November 2013 (Foto: Reuters)
Karsai warb auf der Loja Dschirga im November 2013 für das Sicherheitsabkommen, ließ aber seine Unterzeichnung offenBild: Reuters

In der Vergangenheit hatten Initiativen der USA, ihrerseits mit den Taliban direkt ins Gespräch zu komen, bei Präsident Karsai für nachhaltige Verstimmung gesorgt. Die bilateralen Beziehungen werden auch durch die fehlende Unterschrift Karsais unter das Sicherheitsabkommen mit den USA belastet.

Experten halten die Berichte über Friedensgespräche zwischen Kabul und den Taliban für plausibel. "Die USA waren daran definitiv nicht beteiligt", sagte Michael Kugelman vom Woodrow Wilson Center in Washington, der DW. "Die Beziehungen zwischen Washington und Kabul sind so schlecht, dass es kaum vorstellbar ist, dass sie bei so einer heiklen Mission zusammengearbeitet haben könnten." Für Kugelman haben die Taliban und Karsai ihre jeweils eigenen Gründe für diese Gespräche: "Die Taliban sehen möglicherweise im Tiefpunkt der Beziehungen Karsais zur Obama-Regierung eine gute Gelegenheit, das Sicherheitsabkommen zu sabotieren. Aus Sicht Karsais wiederum ist eine Übereinkunft mit den Taliban wahrscheinlich die sicherste Karte, um die Stabilität Afghanistans zu garantieren."

Mit oder ohne die USA?

Dass die USA bei den Gesprächen vor der Tür bleiben, ist für den Afghanistan-Experten nichts Schlechtes. "Über die Zukunft Afghanistans sollten am besten die souveräne Regierung des Landes und die Aufständischen verhandeln." Es gebe keinen Grund dafür, dass eine ausländische Macht detailliert an einer letztlich inneren Angelegenheit Afghanistans beteiligt sein müsse, so Kugelman.

Demonstranten in Kabul fordern Karsai zur Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit den USA auf (Foto: DW)
Demonstranten in Kabul fordern Karsai zur Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens mit den USA aufBild: DW/H. Sirat

Allerdings sehen viele Beobachter in den Spannungen zwischen Kabul und Washington eine Gefahr für die Zukunft des Landes. Denn wenn das Sicherheitsabkommen mit den USA nicht in Kraft tritt, wird auch die vereinbarte dauerhafte militärische Präsenz des Westens nach 2014 in Frage gestellt.

"Für die die Sicherheit Afghanistans und seiner neuen Regierung ist die kontinuierliche militärische Unterstützung durch den Westens unentbehrlich", sagte der Südasien-Experte Siegfried O. Wolf von der Universität Heidelberg der DW. "Jede weitere Verzögerung des Sicherheitsabkommens wird das Land destabilisieren und die Aufständischen ermuntern, ihre militärischen Operationen zu verstärken."

Auch Islamabad will verhandeln

Unterdessen ist auch Pakistans Regierung im Begriff, mit den Taliban des eigenen Landes - Tehrik-i Taliban Pakistan (TTP) - in Friedensverhandlungen einzutreten. Zu diesem Zweck hatte Ministerpräsident Nawaz Sharif vergangene Woche ein vierköpfiges Gremium eingesetzt, das den Dialog mit den Aufständischen organisieren soll. Nach der Absage der ersten Runde, die für den 4. Februar geplant war, meldeten pakistanische Medien am Donnerstag (06.02.2014), dass sich die Unterhändler an unbekanntem Ort zusammengesetzt hätten, um eine "roadmap" für den Frieden vorzubereiten.

Der Prediger an der Roten Moschee Islamabads, Maulana Abdul Asis (Foto: AP)
Der Prediger an der Roten Moschee Islamabads, Maulana Abdul Asis, gehört zu der Verhandlungsdelegation, die die Taleban bei den Gesprächen mit der Regierung vertreten sollBild: picture alliance/AP Photo

Viele in Pakistan sind jedoch skeptisch, was die Erfolgsaussichtens solcher Initiativen betrifft. "Die Taliban haben auch alle vorherigen Abmachungen über Frieden gebrochen", sagtev Himayat Ullah, Abgeordneter im Parlament in Islamabad, der DW. Er sieht allein in Militäroperationen einen erfolgversprechenden Weg, um mit den Extremisten fertig zu werden. Andere Beobachter halten diesen Weg aber bereits für versperrt, sowohl in Afghanistan wie auch in Pakistan, denn beide Länder hätten bereits vor den Extremisten "symbolisch kapituliert."