Kadyrow und die Medien
7. März 2016"Kadyrow geht doch nicht weg", titelt das russische Online-Portal RBC. Gemeint ist die Entscheidung darüber, ob Ramsan Kadyrow Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenen bleibt oder nicht. Ende Februar erklärte er im russischen Fernsehen, dass er seine politische Karriere beenden möchte. Einige Tage später hieß es in der russischen Presse, dass Kadyrow von Putin die Erlaubnis bekommen habe, sich wiederwählen zu lassen – er bleibt also im Amt. Dieses Hin und Her hat seine mediale Aufmerksamkeit weiter verstärkt.
Der Tschetschenen-Führer polarisiert immer wieder mit seinen aggressiven Wortmeldungen. Die Hauptquelle dafür ist der Instagram-Account von Ramsan Kadyrow. Für Aufsehen sorgte zuletzt eine Drohung gegenüber dem russischen Oppositionellen Michail Kassjanow, der im Fadenkreuz eines Gewehrs gezeigt wurde. Kadyrow kommentierte das Video mit den Worten: "Wer nicht verstanden hat, wird begreifen!"
Kassjanow, der bedroht wurde, ist ein bekannter Kreml-Kritiker, der auch mit Boris Nemzow gearbeitet hat. Die Opposition in Russland geht davon aus, dass Gefährten des Tschetschenen-Chefs eine Rolle im Mord von Nemzow haben.
Kadyrow greift Gegner an
Aber Kadyrow drohnt nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch auf offiziellen Seiten der Republik Tschetschenien. Dort beschuldigt er zum Beispiel Oppositionelle als "Feinde des Volkes " – das sind Aussagen, die ein großes Echo in der Presse finden. Russische und deutsche Politologen gehen davon aus, dass sich hinter Kadyrows Handeln eine Strategie verbirgt:
"Kadyrow ist ein Symbol von Putins Politik. Er sorgt für Stabilität in Tschetschenien", sagt der russische Politik-Analytiker Dmitri Oreschkin. So sieht es auch Hans-Henning Schröder, ein deutscher Russland-Experte: "Die russische Regierung kann nicht auf ihn verzichten. Mit fragwürdigen Mitteln - oft mit Gewalt - sorgt Kadyrow dafür, dass es keine Widerstandsbewegungen in Tschetschenien gibt."
Experten: "PR-Kampagne, um Macht zu stärken"
Der russische Politologe Paul Syvatenkow geht sogar davon aus, dass der Medienhype eine aktive PR-Kampagne von Kadyrow selbst ist, um zu zeigen, dass er in seinem Amt als Tschetschenen-Führer bleiben wird. Gerade mit den Aussagen gegenüber Oppositionellen, komme Kadyrow bei der russischen Regierung gut an, glaubt Svyatenkov: "Er verteidigt die Interessen der Regierung. Auf diese Weise versucht er seine Loyalität zu demonstrieren." Der Politikwissenschaftler Dmitry Oreschkin glaubt, dass Kadyrow noch mehr erreichen will: "Er hat immer wieder deutlich gemacht, dass er als Chef des Kaukasus bewertet werden kann."
Kadyrows Aussagen stoßen aber auch auf Ablehnung. Gerade in Russland, aber auch international wird der Tschetschenen-Führer kritisch gesehen. "Im Umfeld der russischen Sicherheitsorgane gibt es doch eine sehr negative Haltung zu Kadyrow. Gerade im Zusammenhang mit dem Mord am Regimekritiker Boris Nemzow hat es eine ganze Reihe von Gerüchten in Moskau gegeben, dass zwischen dem FSB und Kadyrow das Tischtuch zerschnitten ist", sagt Hans-Henning Schröder. Er findet die Videos von Kadyrow unmoralisch und politisch dumm: "Wenn das ein deutscher Ministerpräsident machen würde, dann würde er sofort entlassen werden." Die Experten sind sich einig, dass die Arbeitsteilung zwischen Kadyrow und dem Kreml bestehen bleibt. Schröder bezeichnet den Tschetschenen-Führer sogar als "Pflegekind von Putin."