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Kanada gibt CETA noch eine Chance

22. Oktober 2016

Nach der Blockade des Abkommens durch die Wallonie wollte die kanadische Handelsministerin schon frustriert aus Brüssel abreisen. Nun stehen doch noch weitere Gespräche an. Drahtzieher ist offenbar Martin Schulz.

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Symbolfoto europäisch-kanadisches Freihandelsabkommen, CETA
Bild: picture-alliance/K. Ohlenschläger

Eigentlich hatte Chrystia Freeland ihren Koffer bereits gepackt. Am Freitag erklärte die sichtlich zermürbte Handelsministerin Kanadas, sie sehe derzeit keine Chance mehr für den Handelspakt mit der Europäischen Union. Nun bleibt sie doch noch länger in Brüssel. Die überraschende Kehrtwende geht offenbar auf Bemühungen von Martin Schulz zurück. Der EU-Parlamentspräsident kündigte im Kurznachrichtendienst Twitter an, am Samstagmorgen zunächst Freeland und dann den wallonischen Regierungschef Paul Magnette im Parlament zu empfangen.

In einem Interview mit dem ARD-Studio Brüssel erklärte Schulz in der Nacht, Kanada sei bereit, "die Uhr anzuhalten, bis die EU ihre internen Probleme gelöst habe". Chrystia Freeland habe ihren für Freitagabend geplanten Rückflug bis nach dem Gespräch mit dem SPD-Politiker verschoben. Unklar ist dennoch, wie die EU den Streit um CETA bis zur geplanten Unterzeichnung des Handelsabkommens am kommenden Donnerstag beenden will. Paul Magnette wies am Freitag neue Kompromissvorschläge trotz des massiven Drucks der EU als "unzureichend" zurück und verlangte mehr Zeit für Verhandlungen. Insbesondere bei der Frage von Schiedsgerichten sieht der Regierungschef noch "Schwierigkeiten".

 

Neuseeland Auckland Chrystia Freeland Kanadische Handelsministerin
Die kanadische Handelsministerin Chrystia FreelandBild: Getty Images/AFP/M. Bradley

Das Parlament der belgischen Region hatte vor einer Woche mit einer deutlichen Mehrheit gegen das geplante Abkommen zwischen der EU und Kanada gestimmt. Dadurch kann Belgien der eigentlich für den 27. Oktober geplanten Unterzeichnung von CETA vorerst nicht zustimmen, was das gesamte Abkommen blockiert, denn für die Unterzeichnung ist die Zustimmung aller 28 EU-Mitgliedsstaaten erforderlich. Den anderen 27 Ländern blieb beim Gipfel in Brüssel nur die Rolle des fassungslosen Zuschauers beim Kampf Davids gegen Goliath: Die kleine Wallonie mit ihren 3,6 Millionen Einwohnern bremst ein Abkommen der EU mit insgesamt mehr als 500 Millionen Bewohnern aus.

EU als "Geisel" der Wallonie

Der belgische Ministerpräsident Charles Michel, der wegen des komplizierten föderalen Systems auf die Zustimmung der Wallonie angewiesen ist, kritisierte eine "Radikalisierung" auf wallonischer Seite. Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite sagte, die EU sei zur "Geisel nationaler Politik eines Landes" geworden. Betont optimistisch gab sich dagegen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Ich verliere nicht die Hoffnung, dass wir in den kommenden Tagen mit unseren wallonischen Freunden eine Lösung finden werden", erklärte er nach Ende des EU-Gipfels.

Das CETA-Abkommen in seinen Grundzügen wurde bereits vor zwei Jahren ausgearbeitet. Es sollte eigentlich in der kommenden Woche beim EU-Kanada-Gipfel verabschiedet werden. Das Freihandelsabkommen soll die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Kanada auf eine neue Basis stellen. Kritiker befürchten allerdings, dass sich CETA negativ auf Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz auswirkt und demokratische Verfahren aushöhlt.

djo/rk (afp, dpa)