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Kaputt nach Plan

Dirk Kaufmann7. November 2012

Viele Firmen bauen in ihre Produkte "Sollbruchstellen" ein: Das Gerät geht nach relativ kurzer Zeit kaputt, der Kunde muss ein neues kaufen. Die Zeche zahlen die Verbraucher und die Menschen in den Entwicklungsländern.

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Nahaufnahme von Händen bei der Verkabelung von Computerbauteilen © Smileus - Fotolia.com #23609635
Symbolbild - SollbruchstelleBild: Fotolia/Smileus

Ist Ihr Drucker oder Ihre Kaffeemaschine kaputt gegangen, kurz nachdem die Garantiezeit abgelaufen war? Haben Sie schon einmal versucht, bei ihrem Smartphone den Akku zu wechseln? Bei den Geräten von Apple ist das nicht vorgesehen. Oder war ein Ersatzteil für Ihr Notebook einschließlich Einbau angeblich teurer als das gerade aktuelle, neue Modell?

Wenn Sie eine dieser Fragen mit "Ja" beantwortet haben, dann wissen Sie, was "geplante Obsoleszenz" ist: Die Herstellung eines Produktes mit einer definierten maximalen Lebensdauer. Das ist gut für die Hersteller, denn die Produktion wird billiger, und für weitere Nachfrage ist quasi automatisch gesorgt.

Ein Kühlschrank brennt am Ufer der Lagune. Fotograf der Bilder: Samuel Burri, Deutsche Welle Aufnahmedaten 2011 Stichwörter: Ghana, Umwelt Elektroschrott Umweltgift Gift Müll Accra Müllkippe
Wie hier in Ghana wird Elktroschrott oft verbrannt, mit unabsehbarern Folgen für Mensch und UmweltBild: DW

Gravierende Nachteile hat dieses Wirtschaftsmodell allerdings für die Verbraucher, für die Umwelt und für viele Menschen in den Entwicklungsländern: Die Kunden sind ständig gezwungen, neue Geräte zu kaufen, die Umwelt leidet unter einem erhöhten Verbrauch an Ressourcen und in den unterentwickelten Ländern stapelt sich der teilweise hochgiftige Elektroschrott aus den Industrieländern.

Murks mit System

Stefan Schridde betreut die Webseite www.murks-nein-danke.de, auf der verärgerte Kunden ihre Erfahrungen mit Produkten schildern, die offenkundig mit einer "Sollbruchstelle" produziert worden sind. Mit einer geplanten Obsoleszenz wollen Hersteller die Lebensdauer ihrer Geräte verkürzen. Am häufigsten, so Stefan Schridde gegenüber der DW, träten diese Sollbruchstellen bei elektrischen Produkten auf. "Wenn Strom fließt, lässt sich vieles machen", hat er beobachtet.

Und tatsächlich stellen die Firmen, denen auf Schriddes Webseite die meisten Vorwürfe gemacht werden, Unterhaltungselektronik, Computer und Telefone her. Besonders häufig werden die Branchengrößen genannt: Epson, Brother, Philipps und Apple. Aktueller Spitzenreiter bei den Beschwerden war bis zum 7. November 2012 der koreanische Elektronik-Konzern Samsung.

Die Sollbruchstellen treten, so Schriddes Beobachtung, an neuralgischen Punkten auf, die eines gemeinsam haben: Es sind kleine und billige Teile, bei denen aus Kostengründen oft "Plastik statt Metall" verwendet wurde. Der Wirtschaftswissenschaftler Dominik Enste vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln bestätigt das: "Unternehmen setzen nicht immer die Produkte ein, die besonders langlebig sind." Ihn stört, dass ein solches Verhalten nicht nur der Idee der Nachhaltigkeit widerspricht, sondern dass solche Unternehmer auch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht genügen.

Beschreibung English: Picture of Dominik H. Enste Datum 14. März 2012(2012-03-14) Quelle Eigenes Werk Urheber Denste Dominik Enste (* 27. Oktober 1967 in Arnsberg) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. http://www.google.de/imgres?q=Dominik+Enste&um=1&hl=de&sa=N&tbm=isch&tbnid=dAn9NqiCWgh6tM:&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Dominik_Enste&docid=1FNir3PL9ZwxqM&imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b5/Dominik_H._Enste.jpg/220px-Dominik_H._Enste.jpg&w=220&h=216&ei=YdOaT_8YwebhBL_-rb8P&zoom=1&iact=hc&vpx=186&vpy=154&dur=2313&hovh=172&hovw=176&tx=82&ty=193&sig=111241460681577944359&page=1&tbnh=127&tbnw=129&start=0&ndsp=52&ved=1t:429,r:0,s:0,i:66&biw=1772&bih=917
Der Kölner Wirtschafts-Wissenschaftler Dominik EnsteBild: cc-by-sa

Stefan Schridde beklagt, dass bei der Produktentwicklung die Langlebigkeit eines Gerätes keine Rolle zu spielen scheint. Stattdessen steckten die Hersteller "gerade so viel Geld rein, das es drei Jahre überlebt". Nach drei Jahren ist jede Gewährleistungspflicht des Herstellers abgelaufen, die Garantie ebenso. Außerdem ist der Produktzyklus abgelaufen, eine neue Gerätegeneration soll auf den Markt.

Ein globales Problem …

Die immer kürzer werdenden Produktzyklen, besonders bei elektronischen Geräten, belasten aber nicht nur die Geldbörsen der Kunden. Der Bedarf nach Rohstoffen steigt ebenfalls. Für elektronische Bauteile braucht man Metalle wie Gold, Silber, Kupfer und Seltene Erden, die sehr teuer sind. Ihre Produktion verbraucht viel Energie und ist oft umweltschädlich, weil mit giftigen Stoffen gearbeitet wird. Die ausgedienten Geräte werden dann oft in die Dritte Welt exportiert.

Dort entfalten diese Hinterlassenschaften der westlichen Überflussgesellschaft oft erst ihre ganze toxische Potenz: Um an die begehrten Metalle im Schrott zu kommen, verbrennen die Menschen in der Dritten Welt den Elektro-Müll und setzen damit eine Vielzahl hochgiftiger Stoffe frei. Mit den gesundheitlichen Folgen müssen sie dann allein zurechtkommen.

… mit kulturellen Hintergrund

Wirtschaftsethiker Enste weist gegenüber der DW aber darauf hin, dass die Unternehmen nicht allein die Schuld an dem Überfluss tragen, den sie produzieren. Am Ende, sagt er, "steht immer der Verbraucher". Und viele Menschen wollten offensichtlich "immer das haben, was neu ist. Sie wollen beim Trend mit dabei sein."

Sowohl Stefan Schridde als auch Dominik Enste fällt beim Blick auf diese Konsumgewohnheiten der Werbe-Slogan "Geiz ist geil" ein. Die Nachfrage nach billigen Produkten führe dazu, dass der Preisdruck auf die Produzenten und ihre Zulieferer immer größer wird, sagt Enste. Und so wird bei der Herstellung gespart, indem beispielsweise ein billiges aber kurzlebiges Plastikteil statt eines teureren aus Metall, das länger leben würde, eingebaut wird.

Abbau von Selten Erden im Tagebau in China
Tagebau in China: Seltene Erden sind teuer und begehrt und für Elektronikteile unverzichtbar.Bild: picture alliance / dpa

Den Schaden haben alle

Ein ökonomischer Lehrsatz lautet: Eine hohe Nachfrage kurbelt die Produktion an, eine erhöhte Produktion befördert das Wirtschaftswachstum und ein hohes Wirtschaftswachstum hebt den allgemeinen Wohlstand. Das trifft auf die kurzen Produktzyklen von Geräten mit eingebauten Sollbruchstellen allerdings nicht zu. Geplante Obsoleszenzen fördern die wirtschaftliche Entwicklung nicht, weil dabei die Folgekosten durch den erhöhten Ressourcenverbrauch und das Problem der Müllentsorgung nicht berücksichtigt werden. Stefan Schridde fasst das so zusammen: "Geplante Obsoleszenz schadet allen. Auch der Wirtschaft selbst."

Es gibt Hoffnung

Dominik Enste, der auch Geschäftsführer der "Akademie für Integres Wirtschaften" ist, ist "optimistisch, dass wir in dieser Hinsicht etwas verändern können." Die Marktwirtschaft mache nämlich nicht nur ein System möglich, das, wie im Fall der geplanten Obsoleszenzen, globale Probleme produziert. Die Marktwirtschaft halte auch das Gegenmittel bereit: Die Macht des Kunden. Denn jeder Verbraucher könne "die Produkte kaufen, von denen er denkt, dass sie am besten zu ihm passen".

Das Kriterium "Nachhaltigkeit", so Enske, müsse bei einer Kaufentscheidung eine größere Rolle spielen. Dazu gehörten auch Informationen über die Produktionsbedingungen, den Energieverbrauch und die Wiederverwertbarkeit der Produkte. So informiert, könne der Kunde dann eine qualifizierte Entscheidung treffen, ob er "lieber zwei Produkte kauft in fünf Jahren oder nicht lieber eins, das fünf Jahre hält".