Prinzessin aus dem Reich der Mitte
3. März 201430 Seidentücher packt Wang Xinyi für ihre erste Deutschlandreise ein. "Das sind kleine Geschenke für die herzlichen Gastgeber", sagt sie. Die 20-jährige Studentin aus der ostchinesischen Stadt Hangzhou freut sich riesig auf die lange Reise. Der Name der Stadt, in der sie in Deutschland landen wird, kommt ihr noch nicht ganz ohne Schwierigkeiten über die Lippen. "Du... Dusdoof oder so ähnlich." Dabei ahnt die "Chinesische Karnevalsprinzessin" nicht, dass die Städte Düsseldorf und Köln traditionell Rivalen sind, vor allem, wenn es um die fünfte Jahreszeit, den Karneval, geht.
Wang ist die fünfte chinesische Karnevalsprinzessin. Im Fachjargon der Jecken könnte sie als "Prinzessin Xinyi V." bezeichnet werden.
Chinas Touristen sind willkommen, Investoren auch
Der Bürgermeister der Dom-Stadt Köln freut sich auf "Prinzessin Xinyi V.". Jürgen Roters wird sie im Rathaus offiziell empfangen. Die älteste Karnevalsgruppe Kölns, die Roten Funken, wird sie herzlich aufnehmen. Am internationalen Karnevalsempfang der Deutschen Welle in Bonn nimmt Xinyi ebenfalls teil.
Roters hofft, dass die Besucher aus China im Rheinland erleben, wie die Menschen Karneval feiern. "Die chinesische Karnevalsprinzessin ist eine gute Botschafterin", sagt Roters der Deutschen Welle.
Die Stadt Köln setzt sich sehr dafür ein, dass die deutsche Metropole am Rhein in China bekannter wird. Die Städtepartnerschaft mit der chinesischen Hauptstadt Peking soll dabei helfen, die Stadt "Ke Long", wie Köln auf Chinesisch heißt, besser zu vermarkten. "Wenn man zusammen Karneval feiert, fallen auch Gespräche über andere Themen leichter", glaubt Roters. "Die Kontakte, die man hier knüpft, erleichtern später die Gespräche über wirtschaftliche Projekte oder andere Zukunftsthemen."
Kölner mit höchster chinesischer Auszeichnung
Michael Josipovic zeigt gerne seinen Orden, wenn es um China geht. Der wurde ihm nicht von irgendeinem Karnevalsverein verliehen, sondern von der chinesischen Regierung, überreicht durch den Vize-Ministerpräsident Ma Kai im September 2013. Der 60-Jährige ist der Chef-Wirtschaftsförderer der Stadt Köln. Der "Freundschaftspreis der Volksrepublik China" ist die höchste Auszeichnung, die die Volksrepublik China ausländischen Experten vergibt, wenn sie sich um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes verdient gemacht haben.
Der Orden kommt nicht von ungefähr. Josipovic und sein Team haben mehr als 200 Firmen aus China in Köln angesiedelt. "Ich bin sehr stolz und fühle mich sehr geehrt", sagt Josipovic. "Ich betrachte die Auszeichnung auch als Würdigung der Arbeit meines ganzen Teams und der China-Politik der Stadt Köln überhaupt."
Chinesische Firmen investieren gerne in Deutschland
Immer mehr chinesische Firmen folgen dem Aufruf der Zentralregierung in Peking und erkundigen sich nach Geschäftsmöglichkeiten im Ausland. Viele haben dies schon erfolgreich in Deutschland getan. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden Anfang 2014 mehr als 800 chinesische Firmen von der Landeswirtschaftsförderungsgesellschaft NRW.INVEST registriert. "Chinesische Investoren werden in Deutschland immer aktiver. Nordrhein-Westfalen hat sich zum Zentrum der chinesischen Wirtschaft in Deutschland entwickelt", sagt Petra Wassner, Geschäftsführerin von NRW.INVEST. Die Qualität chinesischer Investitionen hätte sich deutlich erhöht. Anfangs gründeten chinesische Firmen vor allem Handelsniederlassungen und Vertriebszentralen. Nach zahlreichen Greenfield-Investitionen und Forschungszentren folgen nun auch verstärkt Übernahmen deutscher Firmen, so Wassner weiter. Die erste chinesische Handelskammer hat vor kurzem in Berlin eröffnet.
Vor allem mittelständische Marktführer aus Deutschland stehen im Fokus chinesischer Investoren. Bekannte Beispiele sind der Verkauf der ThyssenKrupp-Tochter Tailored Blanks an den chinesischen Stahlkonzern WISCO oder die Übernahme des Betonpumpenbauers Schwing aus Herne durch den chinesischen Konkurrenten XCMG. Auch die Kölner KHD Humboldt Wedag AG hat seit 2010 einen Mehrheitsaktionär aus Peking. "Chinesische Investoren schätzen Deutschland als hochmodernen Produktions- und Forschungsstandort", berichtet Petra Wassner, die regelmäßig die Investoren in China besucht. Drei Büros von NRW.INVEST beraten potenzielle Investoren vor Ort in Peking, Shanghai und Nanjing.
Austausch verbindet
"Chinesische Unternehmen sichern in Köln Arbeitsplätze und Steuereinnahmen und erhöhen auch die Geschäftschancen der heimischen Wirtschaft", fügt Michael Josipovic hinzu. Im Vergleich zu anderen Standorten verspricht die Kölner Stadtverwaltung, Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für Manager aus China binnen weniger Wochen zu erteilen.
Gerade Ausländer fühlen sich in der offenen, toleranten und lebensfreudigen Stadt Köln schnell wie zu Hause. Der Karneval sei ein anschauliches Beispiel, sagt Josipovic: "Chinesen verstehen es auch, gut zu feiern. Beim Rosenmontagszug oder sonst im Straßenkarneval machen sie voll mit und genießen es. Neuankömmlinge legen ihre anfängliche Scheu schnell ab."
Prinzessin Xinyi hat noch keine bildliche Vorstellung, was sie in Köln erwartet. "Ich darf als Prinzessin Kamelle an die Menschen verteilen", glaubt sie. Dass dies bei winterlichen Temperaturen durchaus Schweißarbeit bedeuten kann, wird sie bald verstehen. Genau diese Erfahrungen wünscht sich Oberbürgermeister Roters für die Besucher aus China: "Der gegenseitige Austausch und das Kennenlernen von Tradition und Kultur sind eine wichtige Basis für jede Partnerschaft."
Und wenn die chinesische Prinzessin ihre dienstlichen Verpflichtungen erfüllt hat, will sie auch für Familie und Freunde einkaufen gehen. Viele Wünsche seien bei ihr schon eingetroffen. "Die Uhren in Deutschland sollen sehr gut und preiswert sein", sagt Wang. Luxusuhren gegen Seidentücher - wenn das kein gutes Geschäft für Köln ist!