Kaum Handhabe gegen Pjöngjang
7. Januar 2016Auch wenn die Regierungen von dem Atomtest durch Nordkorea überrascht wurden, brauchten sie nicht viel Zeit, um das Vorgehen des Regimes zu verurteilen. Washington, Peking, Tokio, Seoul und auch die Vereinten Nationen in New York richteten die gleiche Botschaft an Kim Jung Un: Sein Regime habe UN-Resolutionen missachtet und damit nicht nur die regionale, sondern auch die weltweite Sicherheit gefährdet.
Auf dem Fuße folgte die Forderung nach einer Verschärfung der Sanktionen. Allerdings ist das Land bereits mit den weltweit schärfsten Sanktionen belegt, was Nordkorea nicht daran gehindert hat weitere Atomtests durchzuführen. Die Internationale Staatengemeinschaft scheint weitgehend machtlos.
Letzte Hoffnung China
Auf die Frage, was die Welt tun könne, um Pjöngjang zum Einlenken zu bewegen, antwortet Jun Okumura vom japanischen Meiji-Institut für globale Beziehungen: "Fast nichts." China hat nach Ansicht des Experten als einziges Land der Welt die Möglichkeit, auf Nordkorea Druck auszuüben. Aber die Tatsache, dass Pjöngjang noch nicht einmal seinen einzigen Verbündeten vorab über den Atomtest informiert hat, zeige, dass es um die Beziehungen schlecht stehe.
"Auch aus eigenem Interesse wird Peking nichts unternehmen, was das Regime in Nordkorea destabilisieren könnte", sagte Okamura. Im Falle eines Zusammenbruchs des nordkoreanischen Systems könnte sich die Volksrepublik China mit einer humanitären Katastrophe oder einem Bürgerkrieg konfrontiert sehen. "Nordkorea weiß, dass Peking ein derartiges Szenario fürchtet, weshalb es den Druck weiter erhöht."
Nur wenige Stunden nach dem Test bestellte Peking den nordkoreanischen Botschafter ein. Die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, erklärte: "Nordkorea sollte alles unterlassen, was die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel verschärfen könnte." Sie forderte außerdem, dass Nordkorea die 2009 von nordkoreanischer Seite beendeten Sechs-Parteien-Gespräche (an denen neben Nordkorea auch Südkorea, China, Russland, Japan und die USA teilnehmen) wieder aufnehmen solle.
Nordkorea fürchtet Marginalisierung
Zur gleichen Zeit versicherte der US-amerikanische Verteidigungsminister Ashton Carter seinem südkoreanischen Amtskollegen Han Min Koo am Telefon, dass die USA zu ihrem Verteidigungsbündnis stünden. US-Präsident Barack Obama sprach mit dem japanischen Premierminister Shinzo Abe. Gemeinsam wollen sie auf eine starke internationale Reaktion hinarbeiten, wie das Weiße Haus bekannt gab.
Stephen Nagy, Politologe an der International Christian University ist skeptisch. Seines Erachtens sind die Beziehungen zwischen Pjöngjang und dem Rest der Welt in einem Kreislauf aus Aktion und Reaktion gefangen, der dem Regime in Nordkorea bisher gut gedient habe.
Im Interview mit der Deutschen Welle erklärte er: "Die nordkoreanische Führung hat offenbar in den letzten Monaten den Eindruck gewonnen, politisch und wirtschaftlich an den Rand gedrängt worden zu sein." Besonders beunruhigt hätten Nordkorea die Annäherung zwischen Japan und Südkorea sowie ein offizielles Treffen zwischen den USA, Südkorea und Japan, das für nächste Woche anberaumt ist und gemeinsame Sicherheitsfragen der drei Länder zum Thema haben soll. Auch dass Peking engere Kontakte zu Seoul knüpfe und zugleich das nordkoreanische Verhalten tadele, sorge für Unruhe in Pjöngjang.
Gravierende Konsequenzen
Der jüngste Atomtest erinnert Nagy an ein bockiges Kind. Pjöngjang wolle einmal mehr daran erinnern, dass es über Nuklearwaffen verfüge und nicht einfach ignoriert werden könne, so Nagy. "Die Sanktionen können kaum noch verschärft werden. Und obwohl China den Druck erhöhen könnte, war es bisher erfolglos, Atomtests oder politischen Irrsinn wie die Hinrichtung von Kims Onkel zu verhindern."
Laut Okamura besteht die Gefahr vor allem im Folgenden: Wenn es keine Möglichkeit mehr gibt, einen atomar bewaffneten Schurkenstaat zu beeinflussen, könnte das andere Staaten in der Region zu dem Schluss kommen lassen, dass sie ein vergleichbares militärisches Abschreckungspotenzial für ihre eigene Sicherheit entwickeln müssen. "Wenn es Nordkorea gelingt, ein einsatzfähiges Atomwaffenarsenal aufzustellen, wird das die Sicherheitsarchitektur in ganz Ostasien verändern. Die nukleare Bewaffnung könnte für Japan, Taiwan und Südkorea eine legitime Option werden."