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Kaum Spielraum bei der Außenpolitik

Spencer Kimball / db31. Oktober 2012

Im Vorfeld der Wahlen versuchten Obama und Romney, ihre außenpolitischen Ziele klar voneinander abzustecken. Aber der nächste Präsident wird sich harten Realitäten stellen müssen, die nur wenig Spielraum lassen.

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Barack Obama telefoniert in seinem Büro (Foto: Pete Souza/The White House via Getty Images)
Bild: Getty Images

Während der Vorbereitungen für seine Wahlkampagne versuchte Mitt Romney, der ehemalige Gouverneur des US-Bundesstaats Massachusetts, eine Alternative zu Präsident Barack Obamas Außenpolitik zu präsentieren. Er verkündete, er wolle die Vereinigten Staaten in das nächste "amerikanische Jahrhundert" führen, indem er mit "Klarheit und Entschlossenheit" auf der Weltbühne handeln werde.

Romneys Rhetorik zielt auf eine Wählerschaft ab, die die USA immer noch als wichtigstes Land der Welt betrachtet - aber eben auch als ein Land, dessen Einfluss nach zehn Jahren Krieg und Finanzkrise dahinschwindet. Laut einer Studie des "Chicago Council on Global Affairs" vom September 2012 glauben nur 24 Prozent der Amerikaner, ihr Land spiele jetzt eine "noch wichtigere Rolle" als Weltmacht, als dies vor einem Jahrzehnt der Fall war.

"Als Obama gewählt wurde, herrschte die allgemein vertretene Einschätzung vor, dass Amerika sich in einigen Regionen zu sehr eingesetzt habe. Wohl am offensichtlichsten niedergeschlagen hat sich diese Einstellung in dem Entschluss, den Irak zu verlassen", sagte Stephen Walt, ein US-Außenpolitikexperte an der zur Universität Harvard gehörenden Kennedy School of Government, der DW. "Sogar als Obama entschied, in Afghanistan noch stärker einzugreifen, hat er hier eine zeitliche Begrenzung festgesetzt."

Unterschiede im Ton

Die ohnehin bereits stark engagierten Vereinigten Staaten haben nun begonnen, vorsichtiger zu taktieren. Während des Bürgerkriegs in Libyen im Mai 2011 sagte ein nicht näher benannter Mitarbeiter der Obama-Regierung dem "New Yorker Magazine", der Präsident würde "von hinten", also nur noch indirekt führen. Im Klartext: Präsident Obama schuf lediglich die politischen und logistischen Voraussetzungen für einen Eingriff der NATO-Alliierten gegen das militärische Vorrücken von Muammar al Gaddafi gegen die Rebellen - ohne dass Washington diese Intervention offiziell angeführt hätte. 

Dieser Ausspruch war Öl ins Feuer der Konservativen, die es grundsätzlich ablehnen, dass Amerika in außenpolitischen Angelegenheiten einer anderen Nation oder Organisation den Vortritt lassen solle. Während des Parteitags der Republikaner in Tampa, Florida, verkündete die ehemalige Außenministerin Condoleezza Rice einem applaudierenden Publikum: "Wir haben keine Wahl, wir können nicht zögern zu führen - und von hinten kann man nicht führen."

Mitt Romney (l.) und Israels Premier Benjamin Netanjahu in Jerusalem (Foto: dpa)
Während seiner Israel-Reise versprach Romney, sich für Israel einzusetzen sowie einen härteren Kurs gegen IranBild: picture-alliance/dpa

"Romney tendiert zu einem eher triumphierenden Ton", sagte Walt. "Er hat auf jeden Fall sein Bekenntnis zur außergewöhnlichen Rolle der Vereinigten Staaten in der Welt bekräftigt, dass sie ein ganz besonderes Land mit einer ganz besonderen Verantwortung sind und andere Werte vertreten als der Rest der Welt."

"Bedrohung von innen"

Jedoch ist die Fähigkeit eines von Wirtschaftsproblemen gelähmten Amerikas, eine unvorhersehbare, von Revolutionen und Kriegen geschüttelte Welt zu lenken, begrenzt, meint Josef Braml, ein US-Außenpolitikexperte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). "Wenn Romney gewählt würde, müsste er sich den Realitäten genauso stellen", sagte Braml der DW. "Reden ist ja meistens einfach. Aber wenn er tatsächlich gewählt werden würde, dann müsste er sein Gerede in Taten umsetzen, und spätestens dann würde er merken, dass er sich nun einmal mit den gleichen Tatsachen auseinandersetzen muss."

Diese Realitäten resultieren weniger aus dem Chaos einer sich in Bewegung befindenden Weltordnung als vielmehr aus den internen sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die Amerika spalten, meint Braml. Er argumentiert, dass sowohl der  private, als auch der öffentliche Schuldenberg der US ein nicht mehr haltbares Ausmaß erreicht haben. Und die wirtschaftlichen Anreize und Steuererlassungen der Bush-Ära seien bereits voll ausgeschöpft.

"Die größte Bedrohung Amerikas kommt nicht von außen - sondern stammt aus seiner inneren Schwäche", sagte Braml. "Wenn man sich die Gesamteinschätzung der nationalen Sicherheit anschaut, bekommt man den gleichen Eindruck. Ich will hier nicht den Zusammenbruch einer Supermacht an die Wand malen, aber wir sollten Vorsicht walten lassen. Die Bedrohung von innen ist sehr ernst zu nehmen - und sie begrenzt auch den Spielraum, der für andere Gebiete zur Verfügung steht."

"Politik hört da auf, wo es um die Wurst geht"

Diese internen Schwächen - langsames Wirtschaftswachstum und hohe Arbeitslosigkeit - standen bislang im Zentrum der Präsidentschaftswahlkampagne, und an ihnen scheiden sich die Geister der beiden Kandidaten, insbesondere, was Steuerpolitik und Gesundheitsreform anbelangt. Aber wie schon der republikanische Senator Arthur Vandenberg 1947 sagte, als der Kalte Krieg eskalierte: bei der amerikanischen Außenpolitik hört die Politik da auf , "wo es um die Wurst geht." Ein Ausspruch, der sich sogar in der jetzigen, stark polarisierten internen Situation wieder einmal bestätigt.

"Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben sich zur amerikanischen Führung in der Welt bekannt; sie bekennen sich dazu, dass die USA das militärisch stärkste Land der Welt bleiben sollen", sagte Walt. "Sie sind davon überzeugt, dass sich die Vereinigten Staaten bei der Lösung der meisten internationalen Probleme einbringen müssen. Hier redet niemand ernsthaft von einem Rückzug oder gar einer Isolierung."

Die letzten US-Soldanten verlassen den Irak (Foto: AP)
Nach dem Abzug aus dem Irak wollen die USA die Truppen auch aus Afghanistan nach Hause bringenBild: dapd

Obwohl Obama bei den Wahlen 2008 von beiden Seiten des politischen Spektrums als fortschrittlicher Präsident eingestuft wurde, hat er nach Ansicht der Experten, jedenfalls in der Außenpolitik, nicht als solcher gehandelt. Der Friedensnobelpreisträger hat die amerikanischen Streitkräfte in Afghanistan aufgestockt, den Einsatz von Drohnen im Jemen und in Pakistan verstärkt, und härtere Sanktionen gegen Iran durchzusetzen versucht. 

"Das zentrale Problem besteht darin, dass Obama tatsächlich eher eine Außenpolitik der Mitte gefahren hat, oder sogar Mitte-Rechts", sagte Walt. "Es war alles andere als eine linke Außenpolitik. Und dieser Umstand verschafft Romney nur wenig Spielraum, um sich gegen ihn abzugrenzen."