Kimmich lässt sich gegen Corona impfen
12. Dezember 2021Im ZDF gab der Bayern-Profi seine Entscheidung bekannt. Joshua Kimmich spricht mit fester Stimme, doch durch seine Augen lässt er einen Blick in sein Seelenleben zu. Das Virus, viel mehr aber noch die Kritik an seiner Impfskepsis, haben deutliche Spuren hinterlassen beim Münchener. Jetzt ist er endlich bereit für den kleinen Piks mit der großen Wirkung - und bezieht ausführlich Stellung.
"Natürlich wäre es besser gewesen, mich früher impfen zu lassen - aus mehreren Gründen", gibt der gerade erst von COVID-19 genesene Nationalspieler im TV-Interview zu. Einmal, weil er dann womöglich von einer Infektion verschont geblieben wäre. Dann wegen seines "schlechten Gewissens" gegenüber der Familie und den Bayern-Kollegen. Aber vor allem auch wegen des ganzen Wirbels um seine Person. "Da wurden einige Grenzen überschritten", klagt er.
"Aus allen Richtungen"
Sachliche Kritik an seiner Skepsis müsse und könne er "aushalten". Nicht aber, dass "man fast aus allen Richtungen mit dem Finger zeigt und urteilt", so Kimmich. Dass in seinem Heimatdorf bei Eltern, Onkeln und Tanten geklingelt würde, um sie zu befragen. Oder dass die Presse "bei der Beerdigung meines Opas vor Ort war".
Lob bekam er derweil von Gesundheitsminister Karl Lauterbach. "Die Entscheidung für die Impfung von Joshua Kimmich verdient Respekt", schrieb der SPD-Politiker bei Twitter. "Er war nie ein Querdenker und hat nur zu lange gezögert."
Hinter ihm liege "eine sehr, sehr schwierige Zeit", sagt Kimmich über die sieben Wochen seit seinem ersten und bislang letzten Auftritt zum Thema, bei dem er seine abwartende Haltung zu erklären versucht hatte. Es sei ihm schwer gefallen, "mit meinen Ängsten und Bedenken umzugehen". Vielleicht, überlegt der 26-Jährige, "musste ich das erst durchleben, was ich jetzt durchlebt habe". Der Ärger und die Wut, die dem wohl prominentesten Skeptiker des Landes entgegenschlug. Die wochenlange Quarantäne, wegen der ein schon ausgemachter Impftermin noch mal verschoben werden musste. Und schließlich die Corona-Erkrankung.
Die eigentliche Erkrankung sei "relativ mild" verlaufen, berichtet der Bayern-Profi. Wegen Flüssigkeit in der Lunge muss er aber bis Januar pausieren. Sonst bestünde "die Gefahr, dass das aufs Herz geht und man längere Folgen davonträgt". Dabei hatte er doch gerade wegen "möglicher Langzeitfolgen" bei der Impfung gezögert.
Mitspieler "im Stich gelassen"
Er sei dem Irrglauben aufgesessen, sich schützen zu können, sagt der Spieler, wenn er nur alle Maßnahmen einhalte. Weil er als Profi häufig getestet wurde, habe er keine Gefahr für andere gesehen. "Im Endeffekt habe ich zu spüren bekommen, dass man es eben nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen kann, ob man mit dem Virus in Kontakt kommt." Nun will er sich "impfen lassen, wenn es dann empfohlen und der Zeitpunkt da ist".
Seine Mitspieler habe er wegen seiner Zurückhaltung "im Stich gelassen", bekennt Kimmichr: "Ich war derjenige, der zu Hause saß, der diese Highlight-Spiele verpasst hat, der der Mannschaft nicht helfen konnte." Bis zum Jahreswechsel wird er acht Spiele verpasst haben. Das, sagt er reuig, "wäre mit einer Impfung nicht passiert". Dass ihm die Bosse während der Quarantäne das Gehalt kürzten, kann er "absolut nachvollziehen und verstehen". Ebenso "jegliche sachliche Kritik". Er hatte aber das Gefühl, dass sich einige auf seine Kosten "profilieren wollten" und habe sich gefragt: "Wie sollen wir miteinander umgehen?"
ml/jst (SID, dpa, ZDF)