Kinder im Netz
11. Dezember 2012Wir kennen das: Man sitzt vor dem Computer, liest etwas, klickt sich weiter, liest noch etwas und eh man sich versieht, sind zwei Stunden rum. Oder auch mal drei oder vier. Es gibt schließlich genug interessante Angebote im Netz. Und lehrreiche dazu, kein Frage. Geht es aber um den Nachwuchs, sind sich die meisten einig: die Zeit muss beschränkt werden, 20 Minuten pro Tag oder auch mehr – je nach Alter. Der Umgang mit dem Internet will gelernt sein. Aber das gilt eben nicht nur für Kinder, sondern auch für die Erwachsenen, denn Erziehen bedeutet zum großen Teil auch Vorleben.
Verantwortung für sich selbst
"Medienerziehung sollte frühzeitig beginnen", sagt die Medienpädagogin Kristin Langer, "am besten schon im Alter von vier bis fünf Jahren". Sie ist Beraterin der Initiative "SCHAU HIN!", die 2003 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ins Leben gerufen wurde, um Eltern und Erziehenden zu helfen, sich in der elektronischen Medienlandschaft zurecht zu finden. Sie erlebt oft, dass Eltern hin- und hergerissen sind. Es gebe einerseits die Angst, dass Kinder überfordert werden, und zugleich die Sorge, dass sie den Anschluss an die Medienwelt nicht schaffen. Auch sie betont die Vorbildfunktion: "Was Eltern vor ihren Kindern vertreten, kann nur von ihnen selbst kommen. Ich brauche für mich eine grundlegende Einstellung, wie ich mit dem, was mir angeboten wird, umgehe. Das heißt, dass ich für mich selbst auch Grenzen ziehe."
Das gilt umso mehr, seit die Smartphones in den Haushalten Einzug gehalten haben. Laut einer aktuellen Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest hat in Deutschland jeder zweite Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren ein solches Gerät und damit in der Regel auch die Möglichkeit mobil ins Internet zu gehen. Auch hier heißt das Zauberwort "Aufklärung". "Es geht darum, den Kindern klar zu machen: Medien sind da, wir freuen uns darüber, aber die Welt besteht auch noch aus anderen Dingen", sagt Kristin Langer. Je älter die Kinder werden, desto mehr müssten sie eine Mitverantwortung entwickeln. Darum sei es gut, bereits früh damit anzufangen. "Eltern und Kinder können gemeinsam Möglichkeiten suchen, um herauszufinden: das tut mir gut und das nicht. Dann kann sich das Kind selbst für oder gegen etwas entscheiden."
Erziehung ist anspruchsvoller geworden
Um Kinder angemessen in die Medienwelt begleiten zu können, kommen Eltern nicht darum herum, sich selbst mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es gibt spezielle Suchmaschinen für Kinder, ein großes Angebot an pädagogisch aufbereiteten Seiten, die Eltern und Kindern die Vorzüge und Tücken des Internets erklären, sowie Jugendschutzprogramme, die bestimmte Seiten blockieren. Mit zunehmendem Alter sind gewiefte junge Nutzer allerdings meist in der Lage, diese Barrieren zu umgehen. "Das kann dann auch schon mal ein Sport werden", sagt Kristin Langer und kommt auf das Thema Eigenverantwortung zurück.
Dass Verbote nichts bringen, betont auch Thomas Heine vom Projekt "internet-fuehrerschein.de". Erziehung sei in gewisser Hinsicht anspruchsvoller geworden, so Heine. Als Beispiel nennt er die rechtlichen Grundlagen der Internetnutzung: "Das ist ein neuer Faktor, der in die Erziehung mit reingekommen ist, und wo sich viele Eltern auch nicht auskennen." Zusammen mit dem Bundesverband der Volkshochschulen hat er die "Internet-Werkstatt" entwickelt – ein Workshop-Angebot für Erwachsene und Familien, das seit 2011 bundesweit an mehr als 700 Volkshochschulen angeboten wurde. Hier geht es um Themen wie Online-Banking, Sicherheit und Soziale Netzwerke - aber auch um rechtliche Fragen und Internetkompetenz für Eltern.
Auch die Schulen sind gefragt
Vor dem Hintergrund, dass nicht alle Familien die gleichen Voraussetzungen mitbringen, um ihre Kinder in die Welt der Medien mit all ihren Möglichkeiten und Gefahren einzuführen, sind an der Stelle auch die Schulen gefragt. Im Heinrich-Mann-Gymnasium in Köln beispielsweise ist das Thema Internetrecherche fester Bestandteil des Fachunterrichts. "Es steht nicht in den Richtlinien, ergibt sich aber aus der Unterrichtspraxis", sagt Mathematik- und Informatik-Lehrer Hans-Peter Koenen. In der Schule lernen die Schüler zudem mit bestimmten Programmen umzugehen und sich im Netzwerk der Schule zurechtzufinden. Ein eigenes Fach Medienerziehung gibt es nicht, Themen wie Mobbing oder Privatsphäre im Internet würden aber gelegentlich in den Klassenlehrerstunden angesprochen, in den Stunden, in denen es um den sozialen Zusammenhalt in der Klasse geht.
Rechtliche Themen werden eher selten angesprochen, verunsicherten Eltern rät Medienpädagogin Kristin Langer, sich an die Verbraucherzentrale zu wenden. Die Feinheiten seien zugegebenermaßen hochkompliziert, doch man müsse nicht alles wissen. "Manchmal reicht es, jemanden zu kennen, der es mir sagen kann."