Klare Signale zu Taiwan
20. November 2004Die Jahrestreffen der Staats- und Regierungschefs der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) sollen eigentlich den Freihandel fördern. Doch schon die vergangenen drei Gipfel drehten sich um das von den USA vorangetriebene Thema internationaler Terrorismus.
Diesmal soll das bevorstehende Treffen zwischen US-Präsident George W. Bush und seinem chinesischen Amtskollegen Hu Jintao beim APEC-Gipfel in Chile (20./21.11.2004) für die Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen in den kommenden vier Jahren von großer Bedeutung sein. Dies sagte jedenfalls der chinesische Vizeaußenminister Zhou Wenzhong voraus: Nur wenn die USA die Taiwan-Frage richtig behandelten, könnten die chinesisch-amerikanischen Beziehungen sich noch besser entwickeln. Peking ist offenbar von der Unabhängigkeitsagenda der taiwanischen Regierung unter Präsident Chen Shui-bian fest überzeugt, und will "seine Haltung zu dieser sehr ernsten Situation den amerikanischen Freunden ganz klar machen", sagte Zhou Wenzhong weiter.
Taiwan provoziert Peking
Präsident Chen Shui-Bian, der aus der Unabhängigkeitsbewegung Taiwans hervorgegangen ist, erhebt zwar seit seinem ersten Wahlsieg im Jahr 2000 nicht mehr ausdrücklich die Forderung nach formaler Unabhängigkeit, aber er lässt keine Gelegenheit aus, die faktische Unabhängigkeit Taiwans herauszustellen und die Überlegenheit der jungen Demokratie auf Taiwan gegenüber der Einparteienherrschaft des Festlandes. Er provoziert Peking mit Volksabstimmungen über die Raketenbedrohung durch das Festland und über die Aufnahme von Friedensverhandlungen.
Chens jüngste Angebote an Peking am taiwanischen Nationalfeiertag 10. Oktober, in der Meerenge von Taiwan vertrauensbildende Maßnahmen zu treffen, wurden von Peking mit Schweigen beantwortet. Kein Wunder: Chen will mit Peking von gleich zu gleich verhandeln, er nahm noch nicht einmal den Begriff "ein China" in den Mund, bisher das Zauberwort, das Gespräche zwischen beiden Seiten der Meerenge überhaupt erst möglich machte, und die gängige Worthülse, um die Probleme diplomatisch zu übertünchen.
Ein-China-Politik versus Ein-China-Prinzip
Aber viel mehr als die Beteuerung, an der Ein-China-Politik festzuhalten, können auch die Amerikaner Peking nicht bieten: "Die USA haben unter Bush in den vergangenen Monaten ihre Ein-China-Politik noch einmal betont, die zu Anfang der Bush-Administration überhaupt nicht erwähnt worden war. Ein-China-Politik ist aber nicht dasselbe, was China unter Ein-China-Prinzip versteht, nämlich eine Grundlage für Wiedervereinigung, sondern ist nur eine Politik, die ausschließt, dass die USA Taiwan pro forma als unabhängigen Staat behandeln. Das sind rhetorische Zugeständnisse, die aber nicht neu sind, die fast jeder amerikanische Präsident seit Nixon gemacht hat, und das reicht China nicht aus", sagt Kay Möller, Asienexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.
Besonders ärgerlich sind für China die Lieferungen amerikanischer Waffensysteme an Taiwan, über ein umfangreiches Paket wird derzeit im taiwanischen Parlament debattiert. An diesem bereits seit längerem zugesagten Geschäft im Wert von 18 Millairden US-Dollar wird Bush keine Abstriche machen.
Maximale Vermittlerrolle
Die Ausstattung der Inselrepublik mit Defensivwaffen gehört zur Selbstverpflichtung der USA, Taiwan im Falle von Bedrohungen und Angriffen durch das Festland beizustehen. Eine Beistandsverpflichtung, die durch die Demokratisierung Taiwans noch verstärkt wird, wo sich nach Jahrzehnten der Einparteinherrschaft durch die Kuomintang inzwischen ein echtes Mehrparteien-System etabliert hat.
Andererseits sind die USA an stabilen Verhältnissen in der Straße von Taiwan interessiert, das heißt, die faktische Unabhängigkeit Taiwans werden sie schützen, aber ansonsten versuchen, exzessive Rhetorik von Seiten der Insel-Politiker und insbesondere von Chen Shui-bian zu dämpfen. Vielleicht erkennt Peking, dass das Maximale, was es von Washington erwarten kann, in einer Art Vermittler-Rolle zwischen beiden Seiten der Straße von Taiwan besteht. Immerhin würde Bush damit eine Initiative einer seiner Vorgänger wieder beleben.