Wassermangel durch Klimawandel
21. Dezember 2013Die Ressource Wasser wird knapper. Das liegt nicht nur daran, dass die Weltbevölkerung wächst und immer mehr Wasser und Nahrung verbraucht. Ebenso spielt der Klimawandel eine Rolle, denn er lässt die Wasserquellen schmelzen und austrocknen. Wie viel Wasser durch den Klimawandel verloren zu gehen droht, haben nun Wissenschaftler vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung in einer neuen Studieerrechnet.
Die Forscher haben Daten von fünf globalen Klimamodellen und von elf verschiedenen globalen hydrologischen Modellen zusammengeführt, um ein genaueres Bild als bisher über die Auswirkungen des Klimawandels zu errechnen. Ziel der Studie ist es, neue Wege zu finden, um der drohenden Wasserverknappung entgegenzuwirken. "In einem Zukunftsszenario muss ich wissen, welchen Anteil der Klimawandel hat", sagt der Leitautor der Studie, Jacob Schewe vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Klimawandel lässt sich noch aufhalten
Wichtig ist das Wissen um die Klimafolgen auf den globalen Wasserhaushalt vor allem auch deshalb, weil sich an den Stellschrauben des Klimawandels noch drehen lässt:
"Aus naturwissenschaftlicher Sicht kann man den Klimawandel durchaus noch aufhalten", so Schewe. "Wenn man jetzt sagen würde, wir machen einen ganz starken Klimaschutz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, dann könnte man die Erwärmung durchaus noch auf rund 1,5 Grad begrenzen und dadurch einen großen Teil dieser Entwicklungen im Bereich Wassermangel verhindern."
Bei der neuen Studie gehen die Forscher aus Potsdam von einer globalen Erwärmung von 2,7 Grad im Vergleich zum vor-industriellen Zeitalter aus. Das sind zwei Grad mehr als heute.
Für die Weltbevölkerung umgerechnet hieße das, dass nicht jeder fünfzigste, sondern jeder zehnte Mensch gegen Ende dieses Jahrhunderts unter absoluter Wasserknappheit leiden würde. Unter absoluter Wasserknappheit verstehen die Wissenschaftler eine Menge von 500 Kubikmetern Wasser pro Mensch und Jahr. Heute liegt der weltweite Verbrauch noch bei rund 1200 Kubikmeter pro Jahr und Mensch – wobei der Wasserverbrauch in den Industrieländern deutlich höher ist als in Entwicklungsländern.
Investitionen in Landwirtschaft gefordert
Bereits heute müssen 37 Länder mit diesen Mindestressourcen auskommen, zeigt das World Resources Institute in Washington in seinem Weltatlas zur Wasserknappheit . Um den Folgen der Wasserknappheit entgegenzuwirken, seien massive Investitionen in effizientes Wassermanagement nötig, sagt einer der Autoren. "Das größte Sparpotential liegt in der Landwirtschaft, denn sie verbraucht das meiste Wasser ", erläutert Paul Reig vom World Resources Institute, Mitautor des Wasseratlasses. "Es gibt eine Reihe von technischen Erneuerungen und Lösungen, auf die auch Investoren aufmerksam geworden sind", sagt er im Gespräch mit der DW.
Tatsächlich ist die Landwirtschaft angesichts steigender Nahrungsmittelpreise für Investoren immer interessanter geworden. So kaufen nicht nur chinesische, sondern auch europäische und asiatische Unternehmen große Anbauflächen in Afrika, um dort Nahrungsmittel anzubauen. Auch sie haben ein Interesse an guten Erträgen. "Interessant sind Investitionen in sämtliche Zweige der Landwirtschaft, durch die sich der Wasserverbrauch reduzieren lässt", so Reig. "Das gilt ebenso für Bewässerungssysteme wie auch neue Getreidearten."
Hunger folgt Wasserknappheit
Um den schwindenden Wasserressourcen entgegenzuwirken, wird sich die Landwirtschaft verändern müssen. Auch werden die Landwirte sich auf häufigere Dürren und extreme, flutartige Niederschläge einzustellen haben, warnen die Klimaforscher. Damit erhöhe sich besonders in den ärmeren Ländern das Hungerrisiko.
Für den Landwirtschafts- und Entwicklungsexperten Hans Rudolf Herren, den diesjährigen Träger des alternativen Nobelpreises Right Livelihood Award, lässt sich die Anpassung der Landwirtschaft allerdings nicht allein durch Investitionen in Technik und Bewässerung umsetzen. "Technische Lösungen, mit der sich in der Landwirtschaft Wasser sparen ließe, werden auch in 50 Jahren nur eine kleine Rolle spielen. Die entsprechenden Kosten sind einfach zu hoch ", so Herren im Gespräch mit der DW. Denn es gebe viele Kulturpflanzen, auf deren natürliche Eigenschaften die Technik keinen großen Einfluss nehmen könne. Dazu zählten etwa Wurzelgewächse oder Grassland.
Die Landwirtschaft werde in Zukunft vor allem zwei Folgen des Klimawandels ausgesetzt sein, erklärt Herren: Dürren und Flutperioden. Ihnen lasse sich nur eines entgegensetzen: biologische Landwirtschaft. "Mit Biolandbau verstärkt man die Kapazität des Bodens Wasser aufzunehmen und anzureichern, und es später wieder für die Pflanzen zugänglich zu machen", erläutert Herren.
Neuer globaler Speiseplan
Ökologische Landwirtschaft könnte zudem die Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen ohne Anwendung von Pestiziden in Schach halten. Bei wechselnden Fruchtfolgen und mehr Vielfalt der angebauten Nahrungsmittel wäre es für Schädlinge und Krankheiten schwieriger, sich in den Anbauflächen festzusetzen. Mit Monokulturen, so Herren, baue man geradezu eine Autobahn für die Schädlinge, die sich mit der globalen Erwärmung immer neue Lebensräume erschlössen.
Doch auch die Konsumenten müssten sich auf eine andere Ernährung einstellen, erklärt Herren. Weniger Fleisch gehöre dazu, ebenso wie der Anbau von Nahrungsmitteln, die den Verhältnissen vor Ort angepasst seien. So könnten Pflanzen wie Mais, die sehr viel Wasser verbrauchen, in trockenen Gegenden von Hirse, eine sehr Wasser sparende Pflanze, ersetzt werden. So ließe sich auch eine Erdbevölkerung von neuen Milliarden Menschen ernähren:
"Wir produzieren heute schon genügend Nahrung für 14 Milliarden Menschen. Wir brauchen also keine höhere Produktion, wohl aber höhere Qualität und größere Vielfalt. Vor allem müssen wir die Produktion in der Nähe des Konsums haben", so Herren. Nicht zuletzt gehöre zu den Klima schonenden Maßnahmen auch weniger Transport zwischen Produzent und Konsument.