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Politik

Ein Signal an die ganze EU

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek
5. November 2019

Der Europäische Gerichtshof hat einen weiteren Teil der polnischen Justizreform für nicht konform mit EU-Recht erklärt. Da die Reform längst rückgängig gemacht ist, geht es bei dem Urteil um mehr, meint Bartosz Dudek.

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Symbolbild | Polen | Justiz
Die Robe eines polnischen Richters. Deren Unabhängigkeit sei nicht mehr gegeben, urteilt der EuGH.Bild: imago images/ZUMA Press/P. Twardysko

Es ist bereits das zweite und wohl nicht das letzte Urteil zur polnischen Justizreform der Luxemburger Richter. Schon im Juni haben sie die Herabsetzung des Rentenalters der Richterinnen und Richter am polnischen Obersten Gerichtshof für illegal erklärt. Jetzt ging es um die vergleichbare Regelung für alle anderen Gerichte.

Konkret hat der EuGH vor allem um zwei Bestimmungen des 2017 verabschiedeten Gesetzes kritisiert. Mit den Stimmen der regierenden national-konservativen Mehrheit wurde damals das Rentenalter der Richterinnen von 67 auf 60 und der Richter von 67 auf 65 Jahre herabgesetzt. Über die Ausnahmen sollte allein der Justizminister entscheiden, der in Polen in Personalunion zugleich Generalstaatsanwalt ist. Früher durften die Richterinnen und Richter selbst entscheiden, ob sie über die reguläre Rentenaltersgrenze hinaus bis zum maximal 70. Geburtstag arbeiten wollten. Einzige Voraussetzung war die Vorlage eines ärztlichen Attests über eine gute Gesundheit.

Zwei Einwände der EU-Kommission

Die EU-Kommission sah in der Neuregelung zum einen wegen des unterschiedlichen Rentenalters einen Verstoß gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Zum anderen bemängelte sie, dass die Entscheidung über den Verbleib im Amt durch den Justizminister ein Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Richterschaft sei und reichte eine entsprechende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Zwar hat Warschau unter dem massiven Druck der EU-Kommission diese beiden Regelungen bereits im Frühjahr 2018 geändert. Doch Brüssel hat die dadurch eigentlich obsolet gewordene Klage nicht zurückgezogen. Aus gutem Grund: Denn es ging vor allem darum, ein Signal nicht allein an Polen, sondern an die gesamte EU zu senden.

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Bartosz Dudek leitet die Polnische Redaktion der DW

Dieses Signal ist sonnenklar: Unabhängige Richter sind einer der zentralen Werte der Europäischen Union, die weit mehr als nur eine wirtschaftliche Komfortzone ist. Diese Unabhängigkeit zu achten und zu schützen ist die Pflicht aller europäischen Institutionen. Mehr noch: Die Richterinnen und Richter in den Mitgliedsstaaten sind zugleich auch Richter im Dienst Europas, denn sie setzen mit ihrer Rechtsprechung auch EU-Recht um. Damit betreffen die Regelungen zur Ausgestaltung der Gerichtsbarkeit auf nationaler Ebene auch die ganze Gemeinschaft. 

Diese historisch zu nennende Klarstellung ist paradoxerweise genau derjenigen Regierung in Warschau zu verdanken, die versucht hat, mit ihrer umfassenden Justizreform die Unabhängigkeit der Justiz zu untergraben. Es wäre aber ein Trugschluss zu glauben, es sei hier lediglich darum gegangen, die national-konservative Regierung in Warschau zu maßregeln. Das Urteil ist eine Warnung an alle Regierungen innerhalb der EU - nicht allein die im östlichen Mitteleuropa. Denn die Versuchung der Politik, sich die Justiz und vielfach auch die Medien gefügig zu machen, ist keineswegs nur auf diesen geographischen Raum begrenzt. Diese Gefahr muss immer und überall ernst genommen und die bestehenden Rechte gegebenenfalls verteidigt werden.

Keine Rosinenpickerei

Das aktuelle Urteil macht zum wiederholten Mal klar: Wer zum exklusiven Klub der EU gehören will, muss die in den europäischen Verträgen festgelegten Regeln befolgen. Die EU-Mitgliedschaft kann keine Rosinenpickerei sein. Das ist die zentrale Botschaft dieses Urteils.

Porträt eines Mannes, der eine Brille trägt
Bartosz Dudek Redakteur und Autor der DW Programs for Europe