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Politik

Der Fall Selmayr

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Max Hofmann
13. März 2018

Es geht nicht um seine Qualifikation, sondern um die Form. Deshalb dachte Martin Selmayr wohl, dass er mit seiner Blitzbeförderung bei der EU durchkommt. Doch es steht längst viel mehr auf dem Spiel, meint Max Hofmann.

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Brüssel EU Martin Selmayr
Wer führt eigentlich wen? EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (li.) und seine rechte Hand Martin SelmayrBild: Imago/Zumapress/W. Dabkowski

Warum interessiert sich überhaupt irgendjemand außerhalb der Brüssler Blase für diese Ernennung? Formal war sie wohl korrekt. Dass Selmayr die fachlichen Fähigkeiten für den neuen Job mitbringt, zweifelt auch niemand an. Schließlich ist er das Wunderkind unter den Beamten in Europas Hauptstadt - hochintelligent und unermüdlich. Aber die Art der Ernennung empört viele und dient nun als Ventil für alles, was sich gegen Selmayr und vor allem auch die Kommission über Jahre aufgestaut hat. Selmayrs Ernennung wird zum Symbol dessen, was falsch läuft in Brüssel.

Kurz zusammengefasst lief das so: Martin Selmayr wurde er in einer Kommissionssitzung im Februar zuerst zum Vize-Generalsekretär ernannt. Für den Posten brachte er alle notwendigen Qualifikationen mit. So weit so gut. Innerhalb weniger Minuten aber erfolgte die nächste Beförderung in den höchsten Job des Brüsseler Beamtenapparates, weil der amtierende Generalsekretär zur Überraschung (fast) aller plötzlich zurücktrat. Kommissionspräsident Juncker wusste natürlich, dass es so kommen würde, und Selmayr selbstverständlich auch. Aber der Kreis der Kommissare, mit wenigen Ausnahmen, wurde von diesem Prozedere völlig überrumpelt. Mitgemacht haben sie trotzdem alle. Jetzt verteidigt die Kommission ihr Vorgehen mit einer altbekannten EU-Begründung: "Alles legal!"

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Max Hofmann leitet das DW-Studio in Brüssel

Paragrafenklauberei

Jean-Claude Junckers Kommission wollte eine politische sein, weg vom Technokraten-Image - keine Paragrafenklauberei und Mauscheleien mehr, sondern die großen Linien der Zukunft Europas aufzeigen. Jetzt aber versteckt sie sich hinter den Paragrafen eines zwielichtigen Ernennungsprozesses, den der Jurist Selmayr für sich genutzt hat. Das ist Wasser auf die Mühlen der Populisten in ganz Europa, die nun ein weiteres griffiges Beispiel haben, warum sich die sogenannten Eliten in Brüssel angeblich nur um sich selbst und eben nicht um die "normalen" Leute in Europa scheren.

Das Problem liegt auch bei Selmayr selbst. Wie gesagt: Es geht nicht um seine Fachkompetenz. Aber der Mann aus Bayern hat sich in seiner bisherigen Amtszeit viele Feinde in Brüssel geschaffen. Nicht wenige beschreiben ihn als aufbrausend, herablassend und kontroll-besessen. Im vergangenen Jahr sorgte er zum Beispiel für Schlagzeilen, weil er offenbar einem Journalisten Schläge für dessen Berichterstattung androhte. Das Thema dieser Berichterstattung war die Person Selmayr selbst.

Der eigentliche Herrscher der Kommission?

Viele vermuten, dass Martin Selmayr der eigentliche Herrscher der Kommission ist. Er, der ungewählte Beamte, springt offenbar mit manchen Staats- und Regierungschefs um, als sei er deren Vorgesetzter. Die Art seiner Beförderung hat nun einige EU-Parlamentarier endgültig davon überzeugt, dass nicht Juncker Selmayr kontrolliert, sondern umgekehrt. Nicht gut für eine Institution, der ohnehin viele die demokratische Legitimität absprechen.

Der Fall Selmayr funktioniert nun also wie ein Brennglas, unter dem viele der altbekannten Vorurteile gegenüber der EU-Kommission wieder zum Vorschein kommen: Bürokratie, Bürgerferne, Arroganz der Macht. Ein Jammer, denn die Juncker-Mannschaft trat mit dem richtigen Gedanken an, den Bürgern Europas wieder "zu Diensten zu stehen". Im Fall des neuen Generalsekretärs stand die Kommission wohl aber ganz im Dienste Martin Selmayrs.

Aber noch ist es nicht zu spät, den Fehler rückgängig zu machen und ein transparentes Verfahren zur Besetzung des Top-Posten zu starten. Wenn Selmayr tatsächlich der beste Mann für den Job ist, kann er sich sicherlich auch auf diesem Weg durchsetzen.

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