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Politik

Diagnose Krebs - Mitleid, nein danke!

4. Februar 2017

Für die Volkskrankheit Krebs sind nicht allein die Onkologen zuständig. Die gesellschaftliche Ausgrenzung von Krebskranken hat oft schlimmere Nebenwirkungen als eine Chemotherapie, meint Astrid Prange.

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Krebs Krebszelle Illustration Lungenkrebs
Bild: Imago/Science Photo Library

Pest, Pocken, Cholera - viele Krankheiten, die früher Tausende von Menschen dahinrafften, gelten mittlerweile als besiegt. Der medizinische und gesellschaftliche Sieg über die heimtückische Krankheit Krebs steht hingegen noch aus - daran erinnert der heutige Weltkrebstag.

Nach Angaben der Internationalen Union gegen Krebs (UICC) erhalten jedes Jahr mehr als zwölf Millionen Menschen weltweit die Diagnose Krebs, 8,5 Millionen sterben jährlich an den heimtückischen Tumoren, die die menschlichen Organe befallen.

Mit der Diagnose Krebs beginnt für die Betroffenen wie auch für ihre Angehörigen ein langer Leidensweg. Er verläuft zwischen medizinischen Rettungsversuchen und abgrundtiefer Verzweiflung, zwischen Therapie und Todesangst.

Abgeschrieben und aussortiert

Dieser Leidensweg kann keinem Krebspatienten erspart werden. Doch es wäre schon viel gewonnen, wenn die Betroffenen nicht noch zusätzlich von einem gesellschaftlichen Bannstrahl getroffen würden, der sie für tot erklärt, lange bevor ihre Krankheit sie zwingt, endgültig Abschied zu nehmen.

Zu den verletzenden Ritualen wohlwollender, aber nicht hilfreicher Anteilnahme gehört es, täglich den Gesundheitszustand der Betroffenen abzufragen, als zähle man die letzten Tage im Leben. Die Nebenwirkungen dieser Angewohnheit sind manchmal schwerer zu ertragen als die ohnehin schwer erträglichen Nebenwirkungen einer Chemotherapie.

Prange de Oliveira Astrid Kommentarbild App
DW-Autorin Astrid Prange kennt die Krankheit aus ihrer eigenen Familie

Die minutiöse Beobachtung wuchernder Tumore und Metastasen durch die Außenwelt zwingt viele Krebspatienten - aber auch viele Betroffene von anderen schweren Krankheiten - sich völlig zurückzuziehen.

Eine verständliche Reaktion: Welcher Mensch möchte als todgeweiht gebrandmarkt werden, während er noch um sein Leben kämpft? Welcher Mensch möchte immer wieder über seine gesundheitlichen Probleme Auskunft geben, wenn er sich nach Kräften bemüht, die verbleibende Zeit seines Lebens so erfüllt wie möglich gestalten?

Genau darum geht es: Krebskranke erinnern uns daran, dass Mitleid ihnen nicht hilft. Dass für ihre Genesung nicht allein wirksame medizinische Therapien wichtig sind, sondern ebenfalls gesellschaftlicher und familiärer Rückhalt. Dass wir in unserem Leben viel zu viel Zeit mit unwichtigen Dingen verschwenden.

Es kann jeden treffen

Die Unterstützung von kranken Menschen und ihre gesellschaftliche Teilhabe ist kein Gnadenakt. Die Ausbreitung der Krankheit Krebs zeigt: Es kann jeden treffen. Die Volkskrankheit Krebs lässt sich nicht mehr aus dem öffentlichen Raum verbannen. Sie reicht von onkologischen Praxen, Forschungszentren, Palliativstationen und Hospizen mitten in die Gesellschaft hinein.

Experten schätzen, dass im Jahr 2030 jährlich weltweit rund 26 Millionen Menschen an Krebs erkranken und 17 Millionen Menschen daran sterben werden - also doppelt so viele wie heute. In Deutschland wird jedes Jahr bei rund einer halben Million Menschen Krebs diagnostiziert. Ihre Lebenserwartung hat sich dank verbesserter Therapiemöglichkeiten stark erhöht.

Die Diagnose Krebs stellt den Alltag auf den Kopf, sie beendet berufliche Karrieren, testet menschliche Beziehungen und zwingt zur Neuausrichtung. Vom Weltkrebstag geht deshalb eine klare Botschaft aus: Lasst uns über das Leben mit Krebs sprechen, der Tod kommt sowieso.

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