Mit dem näher rückenden Wahltermin am 8. November erhöht sich der politische Druck in Myanmar. Das Land fällt zurück in alte Muster. Die Absetzung des Ex-Generals und einflussreichen Parlamentssprechers Shwe Mann vom Amt des Vorsitzenden der regierenden Solidaritäts- und Entwicklungspartei (USDP) ist ein mehr als deutliches Signal. Und erst recht die Umstände des Geschehens: Sicherheitskräfte umstellten die Parteizentrale in der Hauptstadt Naypyidaw. Niemand durfte das Gebäude verlassen oder betreten, während drinnen getagt wurde.
Vielen galt Shwe Mann als aussichtsreicher Kandidat für das Präsidentenamt. Jetzt ist er der Verlierer im Machtkampf mit dem amtierenden Präsidenten Thein Sein - ebenfalls ein Ex-General.
Der Konflikt kommt nicht überraschend
Innerhalb der Regierungspartei USDP zeichnete sich seit einiger Zeit eine Spaltung ab: Shwe Mann signalisierte Bereitschaft, nach den Wahlen eng mit der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi und ihrer Partei, der Nationalen Liga für Demokratie (NLD), zusammenzuarbeiten. Naheliegend, denn die NLD wird nach den Wahlen - wenn diese frei und fair sind - ziemlich sicher stärkste Kraft im Land sein. Shwe Mann ließ im Parlament auch über ein Gesetz abstimmen, dass die Bestellung der Chefminister der 14 Verwaltungsbezirke neu regeln sollte. Bisher werden sie vom Präsidenten direkt eingesetzt, ohne dass die Regionalparlamente einbezogen werden. Die USDP wollte das ändern, um Vertrauen zwischen der Zentralregierung und den Regionen aufzubauen. Doch das Militär spielte nicht mit und nutzte seine Sperrminorität für eine Blockade.
Shwe Mann hat seinen Einfluss und Spielraum offensichtlich überschätzt. Jetzt hat das konservative und den Militärs nahe stehende Lager innerhalb der USDP zurückgeschlagen.
Weniger Fortschritte als erhofft
Das Geschehen zeigt, wie wenig sich seit der Öffnung von 2011 tatsächlich getan hat. Damals streiften die Generäle ihre Uniformen ab, um eine nominell zivile Regierung zu bilden. Über Nacht wurde der Befehlston abgelegt. Vokabeln wie Demokratie, Nachhaltigkeit, Transparenz und Respekt kamen den ehemaligen Militärs wie selbstverständlich über die Lippen. Als dann auch noch die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest entlassen wurde, schien die Kehrtwende perfekt.
Der Westen war begeistert. Die Sanktionen wurden aufgehoben. US-Präsident Obama feierte den Sieg der Demokratie und auch Bundespräsident Joachim Gauck ließ es sich nicht nehmen, das Land zu besuchen und die neu gewonnene Freiheit zu loben. Die regelmäßig geäußerten Mahnungen am Reformkurs festzuhalten, waren im allgemeinen Jubel allenfalls ein Nebengeräusch.
Langwieriger Transformationsprozess
Doch je näher der Wahltermin rückte, desto mehr Risse zeigten sich in der 2011 errichteten Fassade von Freiheit und Demokratie. Alle Versuche, den Weg ins Präsidentenamt für Aung San Suu Kyi frei zu machen, scheiterten. Ihr ist eine Kandidatur für das höchste Amt verwehrt, da in Myanmar niemand Präsident werden darf, dessen Verwandte nicht die myanmarische Staatsbürgerschaft haben. Ihre Kinder sind Briten. Das Militär nutzte gleich mehrfach seine Sperrminorität, um Verfassungsänderungen abzuwehren, die den Einfluss des Militärs hätten beschneiden können. Der Armeechef betonte, dass das Militär weiterhin eine zentrale politische Rolle spielen werde.
Vier Jahre funktionierte die Verkleidung, doch je näher die Wahlen rücken, desto mehr bricht das Grün der Uniformen wieder durch. Damit ist der Öffnungsprozess keineswegs gescheitert. Doch die Euphorie ist verflogen. Die Transformation eines Landes, das Jahrzehntelang autoritär regiert wurde, ist ein langwieriger Prozess!
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!