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Politik

Die Jerusalem-Erklärung der Heuchelei

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Dana Regev
10. Dezember 2017

Donald Trumps Ankündigung, Jerusalem als Israels Hauptstadt anzuerkennen, ist eine Beleidigung und eine Provokation. Und sie zeigt, dass ihm die Menschen in der Region egal sind, meint Dana Regev.

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Israel Palästina - Protest in Ostjerusalem
Bild: Reuters/A. Awad

Im Weißen Haus hat US-Präsident Donald Trump am Mittwoch angekündigt, dass es "Zeit ist, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen" und dass seine Erklärung lediglich eine "Anerkennung der Realität" sei.

Für jeden - außer ihm selbst - war vorauszusehen, was folgte: eine unmittelbare Eskalation in den ohnehin zerbrechlichen Beziehungen zwischen Israel und Palästinensern. Die Spannungen in der Region sind erneut gefährlich gewachsen. Die Hamas hat zu einer neuen Intifada aufgerufen, aus Gaza wurde eine Rakete auf Israel abgefeuert und mehrere Palästinenser starben durch Luftangriffe auf den Gazastreifen und bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat ein Treffen mit US-Vizepräsident Mike Pence abgesagt - ein Schritt, der illustriert, dass auch die diplomatischen Beziehungen sich massiv verschlechtern.

Warum genau hat Trump also diesen Schritt getan? Niemand weiß es.

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Dana Regev, DW-Redakteurin aus Israel

Trumps Zug ist reine Provokation und nützt keiner Seite. Jedes israelische Kind weiß, dass die Hauptstadt des Landes Jerusalem ist - ob sie nun international als solche anerkannt ist oder nicht. Die hypothetische Diskussion darüber, ob Jerusalem diese Hauptstadt sein sollte oder nicht, führt zu nichts und ist für Israelis bedeutungslos, denn keiner von ihnen - keiner von uns - glaubt, dass diese de-facto Realität in irgendeiner Weise bestärkt werden müsste.

Darum ist Trumps Erklärung für uns nicht mehr als ein förmliches Lippenbekenntnis. Unser Gefühl von Verbundenheit mit Jerusalem ist längst eine Tatsache.

Palästinenser und Israelis zahlen die Zeche

Bei den Palästinensern dagegen hat Trumps Behauptung, er erkenne nur eine bestehende Realität an, dazu geführt, dass sie seinen Schritt als exakt das sehen, was er ist: Aufstachelung.

Trumps Entscheidung hat keinerlei praktische Bedeutung, abgesehen davon, dass die USA eine schöne Immobilie in Tel Aviv aufgeben. Auf symbolischer Ebene dagegen setzt sie einen weiteren Stein in die Mauer der Verzweiflung, die langsam und stetig zwischen Israelis und Palästinensern wächst.

Die direkte Auswirkung, die Trump elegant ignoriert, reicht über den weltweiten Aufschrei und die Proteste in aller Welt hinaus. Das Ergebnis sind zuallererst die verhängnisvollen Zusammenstöße, die nicht nur möglicherweise oder voraussichtlich kommen werden - sie passieren bereits, genau jetzt.

Das ist ungeheuerlich, denn die Menschen, die durch Trumps leere Worte leiden, sind allein Israelis und Palästinenser - wobei die Palästinenser die Hauptlast tragen -, während er selber weit weg ist von allen Schwierigkeiten. Jeder israelische Reserveoffizier - mich eingeschlossen - schaut jetzt voller Sorge nach, ob die zusammengefalteten Uniformen noch im Kleiderschrank liegen, nur für den Fall, dass der verheerende Befehl zur Mobilisierung kommt.

Hätte Trump wirklich Frieden gewollt - hätte er sich überhaupt dafür interessiert - hätte er versucht, ein paar andere Hindernisse auf dem steinigen Weg zum Frieden anzugehen: Die Siedlungen zum Beispiel, die Grenzen von 1967 oder die besonders schwierige Debatte über das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, um nur einige Punkte zu nennen.

Aber warum die Dinge kompliziert machen? Zur Hölle mit den Menschen in dieser Region, deren Leben jetzt auf den Kopf gestellt - oder gar geopfert - wird um eines nichtssagenden Pseudo-Manifestes willen!

Falls Trump wirklich glaubt, dass sein kindischer Versuch, nur eine der Konfliktparteien zu beschwichtigen, ein Fortschritt ist, dann liegt er falsch. Die noch traurigere Realität ist: Er hat nicht einfach Wahnvorstellungen. Es ist ihm schlicht total egal.

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