Kommentar: Ende einer Ära
24. Juli 2014Jerusalem, im Herbst 1999. Im päpstlichen Gästehaus in der heiligen Stadt sitzt der damalige israelische Minister für regionale Entwicklung Schimon Peres auf einem Podium. Milde und staatsmännisch lächelt er, der hierhergekommen ist, um mit dem palästinensischen Staatminister Ziad Abu-Zayyad über den Frieden zu sprechen.
Diplomatisch sei Frieden bereits erreicht, sagt Peres. Nun werde man nach und nach die israelische Kontrolle über das Leben der Palästinenser beenden. Israel werde keine weiteren Siedlungen mehr bauen. Und dann gelte es, den Palästinensern Wohlstand zu ermöglichen und so den Frieden zu sichern.
Grandios gescheitert
Heute, fünfzehn Jahre später, ist nichts davon Realität. Stattdessen fallen Raketen aus Gaza auf Israel und töten unschuldige Menschen. Feuert Israel aus allen Rohren zurück auf den kleinen Küstenstreifen und tötet dabei hunderte unschuldige Palästinenser. Schimon Peres ist gescheitert, wie man größer nicht scheitern kann.
Damals jedoch herrschte Friedenseuphorie. Auch bei mir. Nach der Veranstaltung renne ich mit Stift und Papier zu Peres und bitte den Friedensnobelpreisträger um ein Autogramm. Ich bin zu dieser Zeit noch ein Teenager - das entsprechende Fan-Verhalten sei mir deshalb verziehen. Peres hatte mich schwer beeindruckt.
Architekt von Oslo
Er ist schließlich der Mann, der 1994 gemeinsam mit Jassir Arafat und Jitzhak Rabin erkannt hat: Frieden in Nahost wird es nur auf friedlichem Weg geben. Der für diesen Frieden gearbeitet hat, als Vorsitzender der Arbeitspartei, als Minister, als Premierminister und schließlich als Präsident.
Er ist auch der Mann, der von 1948 an Waffen aus aller Welt beschaffte, um den jungen Staat Israel zu schützen. Der Reaktortechnik aus den USA und Frankreich besorgte und Israel so zur Nuklearmacht aufsteigen ließ. Der als Stellvertreter Ariel Scharons einer Regierung angehörte, die den Osloer Friedensprozess schließlich zurückdrehte.
Nach ihm die Hardliner
Mit seinem Abgang geht dennoch eine Ära zu Ende, in der Frieden möglich und irgendwann auch zum Greifen nah schien. Anstelle von gemäßigten Politikern wie Peres oder Abu-Zayyad haben aber mittlerweile längst diejenigen das Sagen, die glauben, der Konflikt ließe sich mit Bomben und Raketen lösen. Auf palästinensischer Seite ist das spätestens seit dem Tod Jassir Arafats im Jahr 2004 und dem Aufstieg der Hamas der Fall. Doch auch in Israel sind Politiker rar geworden, die wie Schimon Peres an ein friedliches Nebeneinander in zwei Staaten glauben.
Wenn Peres nun abtritt von der politischen Bühne mit fast 91 Jahren, dann kann man nur betrübt feststellen: Israel verliert einen Präsidenten, der den Frieden wollte. Nicht unter allen Bedingungen, aber mit echter Überzeugung.