Nach acht Jahren Odyssee durch die Stürme der Finanzmärkte, die Untiefen der Euro-Zone und die haushohen Wellen der innenpolitischen Querelen sind die Griechen endlich am Ziel: Sie werden im August das dritte Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber verlassen. Das ist eine gute Nachricht für Griechenland, das nach und nach wieder auf eigenen finanziellen Füßen stehen wird. Und auch für die Europäische Union ist das in diesen schwierigen Zeiten eine gute Nachricht, ein Erfolg - endlich einmal.
Stabil, aber nicht geheilt
Gegen viel Kritik, politischen Widerstand und Kassandra-Rufe haben es die Staaten der Währungsgemeinschaft zusammen mit der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds geschafft, die schwerste Krise, die Europa bis dahin kannte, zu überwinden. Nicht nur Griechenland, auch Irland, Portugal, Zypern und Spanien wurden mit Hilfe der anderen Euro-Staaten saniert. In Griechenland hat es allerdings quälend lange gedauert, weil die Griechen 2015 eine Regierung gewählt haben, die erst einmal Chaos veranstaltete, bevor sie sich zu besserer Einsicht zwingen ließ. Drei Mal stand Griechenland in den vergangenen acht Jahren vor der Pleite, einmal sogar kurz vor dem Rauswurf aus der Euro-Währungsgemeinschaft.
Mit vereinter Anstrengung der Kreditgeber und großen Opfern der griechischen Bevölkerung ist es am Ende doch noch gelungen, den Patienten Griechenland soweit zu stabilisieren, dass er aus der akuten Behandlung entlassen werden kann. Geheilt ist er noch nicht. Die Wirtschaftsleistung liegt noch immer unter Vorkrisen-Niveau, die Arbeitslosigkeit ist hoch und die Wettbewerbsfähigkeit zu niedrig. Doch die Richtung der Reformen stimmt. Die Prognose ist positiv. Griechenland mit seiner von linksradikal zu wirtschaftsliberal geläuterten Syriza-Regierung verdient das Vertrauen der Finanzmärkte wieder.
Bleibt Ministerpräsident Tsipras bei seinem kooperativen Kurs, könnte das große Experiment gut ausgehen. Die Euro-Gruppe hat in den acht Jahren viel gelernt. Die gigantische Rettungsaktion mit Krediten von fast 300 Milliarden Euro und einem Schuldenschnitt von 100 Milliarden Euro war beispiellos. Es musste viel ausprobiert und improvisiert werden. Es wurden auch Fehler gemacht, aber insgesamt ist die Rechnung wohl aufgegangen.
Die Euro-Gruppe hat aus der griechischen Tragödie gelernt. Es wurden neue Instrumente geschaffen, um für künftige Notlagen besser gerüstet zu sein. Die aktuelle Diskussion um die französisch-deutschen Reformvorschläge für die Währungsgemeinschaft zeigt aber, dass noch mehr geschehen muss. Der Rettungsschirm ESM, der aus der Not geboren wurde und sich als effizient erwies, sollte in einen echten, schlagkräftigen Währungsfonds überführt werden.
Geld und Lebensstandard eingebüßt
Viele Griechen, die durch die Krisen Geld und Lebensstandard eingebüßt haben, können sich wahrscheinlich weniger über das Ende des Rettungsprogramms freuen. Sie haben den Preis für jahrelange Misswirtschaft vieler Regierungen von links und rechts gezahlt. Die Kreditgeber aus Europa für diese herben Verluste verantwortlich zu machen, greift zu kurz. Ohne Sparpolitik und ohne die notwendige Kontrolle von außen wäre Griechenland in die Pleite abgeglitten und wirtschaftlich weit härter getroffen worden. Das sollte auch die Mahnung für andere Regierungen, zum Beispiel die neuen populistischen Lautsprecher in Italien sein: Ohne die solidarische Euro-Gemeinschaft und das Sicherheitsnetz, das sie gespannt hat, wäre eine Finanz- und Schuldenkrise auf keinen Fall zu meistern.
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