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Unhaltbare Praxis

Peter Philipp8. April 2008

Polizei, Bundeswehr und Geheimdienste wollen nichts von der Schulung libyscher Sicherheitskräfte gewusst haben. Der Ein Fall mit vielen Dimensionen, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Peter Philipp
Peter Philipp

Die Empörung über den privaten Einsatz deutscher Sicherheitsexperten bei der Ausbildung libyscher Kollegen hat zahlreiche Facetten und Aspekte. Sie spiegeln unhaltbare Zustände wider und eine Diskrepanz zwischen moralischem Anspruch der Politik und der Praxis des Alltags, die man natürlich gekannt, aber doch auch immer wieder beiseite geschoben hatte. So unterhielten und unterhalten deutsche Sicherheitsdienste seit langen Jahren schon Kontakte und Beziehungen auch zu undemokratischen, totalitären und repressiven Regimes im Nahen Osten und in Nordafrika, während die Politik dieser Staaten offiziell kritisiert und die Regime zur Besserung ermahnt wurden.

"Amtshilfe" trotz Menschenrechtsverletzungen

Erst der Versuch, die praktische Zusammenarbeit auf privater Ebene zu organisieren - in einer Art "deutschem Blackwater" - ließ aufhorchen und reagieren, wo man eigentlich schon längst hätte hellhörig werden müssen. Wo käme man denn hin, wenn Polizisten, Angehörige von Spezialeinheiten und andere Sicherheitsexperten begännen, sich ein Zubrot zu verdienen mit Trainingskursen in Ländern wie Libyen? Nur: Sind solche Kurse besser, wenn sie offiziell organisiert und von der Politik sanktioniert sind?

Nicht erst seit dem 11. September sahen offizielle Stellen eine besondere Notwendigkeit, mit den Geheimdiensten auch solcher arabischen Staaten zusammen zuarbeiten, die besonders bekannt dafür sind, sich nicht durch humanitäre oder rechtsstaatliche Einwände beeindrucken zu lassen. Im Irak Saddam Husseins unterhielt der BND einst die größte Filiale in der Region, mit den Geheimdiensten Algeriens, Tunesiens und Ägyptens arbeitete man zusammen und auch im Libanon und in Syrien verließ man sich auf "Amtshilfe" - obwohl jedem klar war, dass solches meist nicht mit rechten Dingen zuging. Aber das Thema „Kampf gegen den Terrorismus“ überschattete eben auch hier das Postulat der politischen Moral.

Unwissenheit ist keine Entschuldigung

Es stimmt natürlich: Man kann sich nicht aussuchen, mit wem man da es zu tun hat. Und um eigenen Schaden abzuwenden oder eigene Gefahr zu reduzieren, hört oder schaut man auch schon einmal weg und will im Zweifelsfall gar nicht wissen, unter welchen Umständen Aussagen bei einem Verhör in einem arabischen Land zustande gekommen sind. Es wäre sicher eine bessere Welt, die ohne solches auskäme und in der Transparenz und Offenheit die Regel wären.

Um sich einem solchen Ideal wenigstens teilweise zu nähern, wird es nicht reichen, die Affäre um die privaten Ausbildungskurse für Libyens Sicherheitsdienste aufzuklären. Es müssen auch Konsequenzen gezogen werden: Einmal, dass solches nicht wieder vorkommt. Zum zweiten, dass offizielle Stellen - Ministerien und BND mit eingeschlossen - sich nicht weiter hinter einem "Das haben wir nicht gewusst" verstecken können. Selbst wenn dieser Einwand zutreffen sollte: Sie alle hätten es wissen können und sie hätten dagegen einschreiten müssen.