Das war doch endlich mal wieder ein spannendes Bundesliga-Finale, auch wenn der FC Bayern letztlich gegen Eintracht Frankfurt nichts anbrennen ließ und früh für klare Verhältnisse sorgte. Die Meisterschaftsentscheidung zugunsten der Münchener fiel diesmal aber erst am 34. und letzten Spieltag der Saison. So hatten es sich viele Fans seit Jahren gewünscht, vor allem jene, die sich laut und intensiv über die Bayern-Dominanz und die dadurch erzeugte gähnende Langeweile in der Liga beklagt hatten.
Ist damit wieder jetzt also alles Friede, Freude, Eierkuchen? Die Bundesliga boomt, weil es - nachdem der FCB einige seiner vorherigen Meistertitel bereits im März feiern konnte - wieder spannend war bis zum Schluss? Ausgeglichenheit als Zeichen der Stärke?
Die ehrliche Antwort lautet: Eigentlich nicht! Denn das enge Meisterschaftsrennen kam vor allem dadurch zustande, dass der FC Bayern keine europäische Spitzenklasse mehr darstellt. Und da dieses Prädikat auch für die anderen Top-Klubs der Bundesliga gilt, agierten die Bayern in den vergangenen neun Monaten unfreiwillig wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz und nicht drei Klassen drüber, wie man es zuletzt lange gewohnt war.
Schwache Ausbeute in Europa
Die späte Meisterschaftsentscheidung in dieser Bundesliga-Saison ging bezeichnenderweise einher mit der Chancenlosigkeit der deutschen Klubs in der Champions League. Die Bayern schieden, nachdem bereits die Vorrunde nicht völlig problemlos verlief, schon im Achtelfinale verdient gegen den FC Liverpool aus. Für Borussia Dortmund und den FC Schalke war in der Runde der besten 16 ebenfalls Endstation. Der BVB blieb dabei gegen Tottenham in 180 Minuten torlos, Schalke blamierte sich im Rückspiel mit einem 0:7 bei Manchester City. Hoffenheim hatte es erst gar nicht in die K.o.-Phase geschafft.
In der Europa League wäre für die hochtalentierten Teams von Bayer 04 Leverkusen (Aus in der Zwischenrunde gegen Krasnodar) und RB Leipzig (Aus in der Vorrunde) deutlich mehr drin gewesen. So gab es international lediglich die beeindruckende Europa-Reise der Frankfurter Eintracht zu bewundern, die erst im Europa-League-Halbfinale am FC Chelsea scheiterte. Doch zu welchem Preis? In der Bundesliga waren am Ende der langen Saison mit Doppelbelastung meist keine Körner mehr im Speicher, und die Eintracht rutschte mit nur zwei Punkten aus den letzten sieben Saisonspielen von Rang vier noch auf Platz sieben ab und rettete gerade noch so die Europapokal-Teilnahme.
Stars wandern ab
Die Bundesliga war bis zum Ende spannend, ja! Aber sie war deswegen spannend, weil die Dortmunder einerseits in der Hinrunde zeitweise überragenden Fußball zeigten, dann aber andererseits nicht die Nerven (oder die Klasse) hatten, ihren zwischenzeitlich sogar auf neun Punkte angewachsenen Vorsprung vor den Bayern ins Ziel zu retten. Die Bundesliga war auch deswegen spannend, weil die Bayern mit einem unausgewogenen und überalterten Kader durch die Saison gingen, und weil es am Anfang Reibungsverluste gab, als sich das Team an den Stil des neuen Trainers, Niko Kovac, gewöhnen musste.
Das enge und spannende Meisterrennen hat Spaß gemacht, ein Qualitätssiegel für die Bundesliga ist es aber nicht. Schaut man sich die letzten Transferperioden an, so muss man feststellen, dass Spitzenspieler in den vergangenen Jahren eher aus Deutschland abgewandert sind. Pierre-Emerick Aubameyang, Leroy Sané, Ousmane Dembélé und Naby Keita sind nur einige Beispiele. Fallen jemandem große Namen ein, die im Gegenzug den Weg in die Bundesliga gefunden haben?
FCB rüstet auf - Spannung adé?
Die Bayern, allen voran ihr ehrgeiziger Präsident Uli Hoeneß, haben angekündigt, für die kommende Saison wieder aufzurüsten. Nicht, weil man bis zum 34. Spieltag auf den Meistertitel warten musste, sondern in erster Linie, weil man in Europa nicht der Musik hinterherlaufen möchte. Mit Lucas Hernandez (80 Millionen Euro), Benjamin Pavard (35 Mio.) und Talent Jann-Fiete Arp (3 Mio.) stehen drei Neuzugänge fest. Weitere sollen bald folgen. Ob es sich dabei allerdings um europäische Top-Spieler handeln wird, die man von Europas Top-Adressen nach München lotst? Zweifelhaft!
Die Reaktion der Bayern, auf Misserfolge mit einer Transferoffensive zu antworten, gab es vor einigen Jahren schon einmal. Auslöser damals: Zwei Meisterschaften des BVB in Folge (2011, 2012), ein demütigendes 2:5 gegen Dortmund im Pokalfinale (2012) und eine Niederlage gegen den FC Chelsea im "Finale dahoam" in der Champions League (2012). Was folgte, waren sieben Meistertitel der Bayern in Serie, die mit mehr oder weniger deutlichem Vorsprung eingefahren wurden.
Diesmal waren die Tiefschläge zwar nicht ganz so schmerzhaft wie damals, aber genervt und gereizt sind die Bayern trotzdem. Gar keine guten Voraussetzungen, wenn man die Hoffnung hat, dass es in der Bundesliga auch in den kommenden Jahren so spannend zugehen soll wie in dieser Spielzeit.