Zwei Monate nach den Parlamentswahlen hat sich in Italien noch nichts bewegt. Die beiden populistischen Gruppierungen "Movimento 5 Stelle" und "Rechtskonservative" blockieren sich gegenseitig. Die bislang regierenden Sozialdemokraten, die arg geschrumpft wurden, verweigern sich und verharren in der Oppositionsstarre. Alle Versuche, irgendeine Form von Koalition zwischen den Protestlern, Rechtsradikalen oder eher Moderaten zu schmieden, sind gescheitert. Staatspräsident Sergio Mattarella stellte frustriert fest, dass seine Bemühungen bislang umsonst waren, da die Parteien nicht aufeinander zugingen, sondern stur blieben.
Ein letzter Versuch vor Neuwahlen
"Movimento 5 Stelle" verlangen jetzt Neuwahlen im Juni. Die Rechtsradikalen wollen lieber Ende des Jahres erneut wählen lassen. Jede Partei hat ihre eigene Zeitrechnung, wann ihre Chancen, eine Mehrheit im Parlament zu ergattern, höher sein könnten. Präsident Mattarella ist kein Freund von erneuten Wahlen. Er spürt die Frustration vieler Italiener, die nicht ganz zu unrecht sagen, dass der nächste Wahlgang wahrscheinlich das gleiche Ergebnis produzieren würde, nämlich eine Blockade. Außerdem wird eine Neuwahl als Geldverschwendung empfunden. Und Geld hat der italienische Staat, der unverantwortlich hoch verschuldet ist, nun wahrlich nicht zu verschenken.
Der Staatspräsident will deshalb an diesem Montag noch einen letzten Versuch wagen, die eitlen Gockel der Links- und Rechtspopulisten sowie der Sozialdemokraten an den Verhandlungstisch zu zwingen. Denkbar wäre immer noch ein Bündnis zwischen "Movimento" und Sozialdemokraten, oder wenigstens Teilen dieser untergehenden Partei. Denkbar wäre auch noch ein Bündnis zwischen "Movimento" und rechtsnationalistischer "Lega". Dann allerdings müsste der frühere Ministerpräsident und immer noch große Strippenzieher bei den Konservativen, Silvio Berlusconi, geopfert werden. Zum Rückzug ist der 81-Jährige aber nicht bereit.
Scheitert auch der letzte Versuch, könnte der italienische Präsident eine Übergangsregierung aus "Technokraten" einsetzen, die dann den Haushalt 2019 verabschiedet und die Neuwahl im kommenden Frühjahr vorbereitet. Allerdings müssten sich auch die "Technokraten" einer Vertrauensabstimmung im total zerstrittenen Parlament stellen. Möglich ist außerdem, dass der amtierende Ministerpräsident Paolo Gentiloni einfach geschäftsführend weitermacht. Ohne parlamentarische Mehrheit wird es aber sehr schwierig, einen Haushalt zu verabschieden.
Milde Märkte
Diesen politischen Zirkus kann sich Italien nur leisten, weil es der italienischen Wirtschaft in einer Phase zarten Wachstums im Moment relativ gut geht. Die Finanzmärkte sind vom Koalitionspoker in Rom relativ unbeeindruckt. Die Zinsen zur Refinanzierung der enormen Staatsschulden sind erträglich niedrig. Für die Märkte und für die Stabilität der Euro-Zone, in der Italien ein Schlüsselmitglied ist, wäre es am besten, eine Übergangsregierung übernähme das Ruder. Die wäre stabiler und verlässlicher als alles, was man aus linken und rechten Populisten in Italien im Moment zusammenbasteln könnte. Sollten irgendwann in Italien euroskeptische Populisten die Regierung übernehmen, könnte die gelassene Stimmung nämlich schnell kippen.
Entzögen die Märkte einem Luigi Di Maio vom "Movimento" oder einem Matteo Salvini von der "Lega" das Vertrauen, könnte das Land schnell in eine finanzielle Notlage geraten, Schulden könnten nicht refinanziert werden, der Euro-Rettungsschirm müsste eingreifen. Verstärkt wird die Unsicherheit noch durch die Aussicht, dass die Europäische Zentralbank irgendwann ihre Zinsen anheben wird, was automatisch dazu führt, dass auch die Kosten für italienische Staatsanleihen steigen. Die Folgen für ein schwächelndes, politisch instabiles Italien könnten fatal sein. Die EU müsste Italien mit vielen Hundert Milliarden Euro beispringen. Die Griechenland-Rettung wäre da nur eine schwache Vorübung gewesen.
Italien tanzt also politisch auf einem virtuellen Vulkan, der sich verhält wie der echte Vesuv bei Neapel: Noch schweigt er, aber er kann jederzeit ausbrechen.
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