Krise mit Ansage
Auch wenn die Situation noch unübersichtlich ist nach dieser turbulenten Wahl in Honduras, so lässt sich eines schon jetzt sagen: Selbst wenn der amtierende Präsident Juan Orlando Hernández die Mehrheit der Stimmen erreicht haben sollte (woran es trotz des offiziellen Auszählungsergebnisses riesige Zweifel gibt), so wäre sein neuerlicher Triumph alles andere als ein legitimer Sieg. Denn von demokratischen Gepflogenheiten hat sich das Land nicht erst mit der Ausrufung des Ausnahmezustandes am vergangenen Freitag verabschiedet. Nach lokalen Berichten hat es seither zahlreiche Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Sicherheitskräfte gegeben, sogar Tote sind zu beklagen.
Ein autoritärer Staat
Um seine Macht zu festigen, hat Hernández in den vergangenen Jahren zahlreiche staatliche Institutionen wie das Militär und die Gerichtsbarkeit unter seine Kontrolle gebracht, zu einflussreichen Medien pflegt er beste Beziehungen. Honduras hat sich unter Hernández in einen autoritären Staat verwandelt, der Menschenrechte mit Füßen tritt und als Antwort auf die massiven Gewaltprobleme des Landes nur eine Politik der harten Hand kennt.
Seine illegitime Wiederwahl - denn die honduranische Verfassung verbietet eine erneute Kandidatur ausdrücklich - wäre für Hernández der nächste Schritt auf dem Weg zu einem diktatorisch agierenden Militärstaat. Dass er bei der Stimmenauszählung erst ganz am Ende und nach einem rätselhaften Absturz des Datenverarbeitungssystems der Wahlbehörde am Oppositionskandidaten Salvador Nasralla vorbeizog, der lange einen komfortablen Vorsprung hatte, nährt den Verdacht der Wahlfälschung. Es zeigt außerdem, dass Präsident Hernández sein Land offenbar nicht so fest im Griff hat, wie er selbst immer wieder glauben machen will. Proteste gegen seine neoliberale Politik werden oft gewaltsam unterdrückt - trauriger Höhepunkt war der Mord an Umweltaktivistin Berta Cáceres im Frühjahr 2016, an dem mutmaßlich auch Armeeangehörige beteiligt waren. Doch auf Dauer lassen sich Hernández' Gegner selbst durch die repressive Politik der Regierung nicht einschüchtern.
Nur so ist zu erklären, dass die Honduraner so zahlreich für den Oppositions-Kandidaten Nasralla gestimmt haben, obwohl der Staatsapparat und die großen Medien massiv Wahlkampf für Hernández gemacht haben. Und nur so ist zu erklären, dass die Honduraner trotz des Ausnahmezustandes und der Repressionen durch den Sicherheitsapparat der Regierung am Sonntag im ganzen Land zu Tausenden auf die Straße gegangen sind, um Oppositionskandidat Salvador Nasralla den Rücken zu stärken und einen demokratischen Wahlprozess einzufordern.
Die USA haben bisher einfach zugesehen
Ein wichtiger politischer Akteur hat sich im Wahlkampf dagegen auffällig zurückgehalten: Die USA, ohne deren Segen keine wichtigen Entscheidungen in der Region getroffen werden, ließen den Hardliner Hernández bei seiner illegalen Wiederwahl gewähren. Offenbar ist ihnen das autoritäre und antidemokratische Gebaren des Präsidenten herzlich egal, solange dieser die Türen für internationale Investoren öffnet, militärisch mit den USA kooperiert und das Land vor einem Linksruck bewahrt. Wenn die US-Botschaft in Honduras nun zu Ruhe und Besonnenheit aufruft und einen transparenten Wahlprozess fordert, ist das zwar richtig, aber eben auch ziemlich bigott - schließlich hätten die USA den Wiederwahlambitionen von Hernández schon im Vorfeld ein Ende setzen können.
Doch auch andere Staaten haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Denn die aktuelle Krise ist eine Eskalation mit Ansage: Dass Honduras vor einer explosiven Wahl stand, darauf hatten kritische Beobachter im Land immer wieder hingewiesen - interessiert hat es die internationale Gemeinschaft allerdings wenig. Das Mindeste, was das Ausland in dieser kritischen Situation nun tun kann, ist auf die Einhaltung einer transparenten Auszählung aller umstrittenen Wahlunterlagen zu drängen, wie sie die Opposition fordert, um das Land vor dem Abrutschen in eine Militärdiktatur zu bewahren.
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