Die griechischen Patrioten wollen am Sonntag mit einer großen Demonstration samt Kundgebung in Athen ihre Heimat verteidigen und die Rechte der Nation gegenüber den mazedonischen Usurpatoren aus dem Norden bekräftigen. Alle werden dabei sein: die orthodoxe Kirche, nordgriechische Verbände, rechte und rechtsextreme Abgeordnete, sogar der Komponist und Guru der Altlinken, Mikis Theodorakis.
Die Demonstranten wollen keine Lösung
Die Wut der Demonstranten richtet sich gegen eine sich abzeichnende Lösung des seit nun 25 Jahren währenden Namenstreits mit der Nachbarrepublik Mazedonien. Denn nach griechischer Geschichts- und Politikauffassung darf nur die gleichnamige nördliche Provinz Griechenlands diesen traditionsreichen Namen tragen. Geschichte als Besitz und nicht als erlebte Kontinuität.
Deshalb heißt für Athen das Nachbarland immer noch "Frühere jugoslawische Republik Mazedonien", für die meisten Griechen einfach Skopje. Wegen der griechischen Namenseinwände hängt Mazedonien seit Jahren in der Warteschleife von EU- und NATO. Doch jetzt soll endlich Bewegung in die Sache kommen: Der neue mazedonische Premier, der Sozialdemokrat Zoran Zaef, zeigt sich kompromissbereit und auch die Regierung Tsipras in Athen signalisiert die Bereitschaft zum Einlenken. Ziel ist, den Namenstreit jetzt so zügig zu lösen, damit schon im Juli beim nächsten NATO-Gipfel in Brüssel der Weg für den Beitritt Mazedoniens zum Nordatlantischen Bündnis frei wird.
Die griechische Regierung hat inzwischen erkannt, dass die Nachbarrepublik nicht mehr komplett umgetauft werden kann. Das Wort Mazedonien muss und wird also Bestandteil der Lösung sein, höchstwahrscheinlich mit einem Attribut - etwa "Nördliches", "Neues" oder "Ober"-Mazedonien -, damit von Skopje keine Ansprüche auf das griechische Makedonien abgeleitet werden können. Athen ist für diesen Kompromiss offen, das Problem ist jedoch, dass die Regierung Tsipras mit den Stimmen ihres rechtspopulistischen Koalitionspartners Anel steht und fällt.
Athener Parteitaktik behindert den Kompromiss
Die Scharfmacher von Anel sind jedoch nicht bereit, den Namen Mazedonien in irgendeiner Form den Nachbarn zu überlassen und zeigen sich unnachgiebig. Ein Kompromiss könnte im Parlament natürlich problemlos mit den Stimmen der Opposition gebilligt werden. Doch dies wäre eine Zerreißprobe für die Regierung und würde wohl deren vorzeitiges Ende bedeuten. Danach könnte Syriza vielleicht mit den Überresten der griechischen Pasok-Sozialdemokratie regieren. Aber auch die konservative Opposition will im Moment nicht in ihre Karten schauen lassen. Die Nea Dimokratia von Kyriakos Mitsotakis sonnt sich in den für sie günstigen Umfragen und ist nicht geneigt, der Tsipras-Regierung zu einem außenpolitischen Erfolg zu verhelfen. Bis heute weigern sich die Konservativen, eine Position zum Namenstreit festzulegen.
Die Lösung dieses längst anachronistisch anmutenden Zwists zwischen Griechenland und Mazedonien wäre eine wichtige Etappe zur Normalisierung in Südosteuropa nach den Jugoslawienkriegen. Die ganze Region könnte so ein Stück Ballast der Vergangenheit abschütteln und neue Wege der Stabilisierung einschlagen. Doch leider scheint das politische System Griechenlands immer noch nicht reif, moderne Politik für das 21. Jahrhundert zu betreiben. Am Beispiel Mazedonien rächen sich jetzt die Fehler der Vergangenheit: Die griechischen Parteien haben es in den vergangenen Jahrzehnten versäumt ihrer Wählerschaft zu erklären, dass das griechische Makedonien selbstverständlich griechisch ist. Aber es ist eben nicht das Einzige.
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