Muster ohne Wert
Eines ist klar: Wenn die deutsche Fußball-Nationalelf am 12. Juni bei der Europameisterschaft in Frankreich zu ihrem ersten Spiel gegen die Ukraine einlaufen wird, dann wird sie ein anderes Gesicht haben als die von diesem Sonntagabend in Augsburg.
Manuel Neuer wird dann im Tor stehen, Toni Kroos und Mesut Özil sollen für kreative Momente sorgen und Thomas Müller hoffentlich für Unberechenbarkeit vor dem gegnerischen Tor.
Weder ein Leroy Sané wird dann auflaufen noch ein Antonio Rüdiger. Wohl auch kein Julian Draxler. Das war aber auch schon vor diesem Test gegen die Slowaken klar. Dass es hier nicht um die Plätze eins bis elf im Aufgebot, sondern um 20 bis 23 gehen würde. Ob Bundestrainer Joachim Löw nach der Partie schlauer ist?
Klar, Draxler zeigte sich verbessert gegenüber seinem monatenlangen Formtief aus der Bundesliga, Debütant Joshua Kimmich agierte über weite Strecken abgeklärt im Mittelfeld. Auch Sané hatte ein paar auffällige Momente. Und 40 Minuten lang war das junge deutsche Team klar überlegen - bis die Slowaken ihre ersten beiden Torschüsse zur überraschenden 2:1-Führung nutzten.
Charaktertest ins Wasser gefallen
Kann passieren, zumal genügend Chancen da waren für Sané, Draxler, Gomez und Kollegen. Interessant wäre nun gewesen, wie die DFB-Auswahl mit diesem Rückstand umgehen würde. Aber dann kam, pünktlich zur Halbzeit, der Wolkenbruch von Augsburg. Das Spielfeld fortan übersäht mit knöcheltiefen Pfützen. An gepflegten Fußball war da nicht mehr zu denken. Und auch moralisch war der Zahn wohl gezogen.
Der Bundestrainer muss nun bis Dienstag seinen endgültigen Kader für die EM melden, vier Spieler streichen. Keine leichte Aufgabe für Löw. Er wird vier jungen Menschen sehr weh tun müssen. Entscheidend für den EM-Titel ist das aber nicht. In Brasilien, beim WM-Gewinn, blieb den Ersatztorhütern Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler, dazu Erik Durm, Kevin Großkreutz und Matthias Ginter nur die Rolle als Sparringspartner. Das hätten andere wahrscheinlich genauso gut gekonnt.
Einzig seine Torwart-Auswahl dürfte Löw bereut haben. Marc-André ter Stegen und das DFB-Team - das passt einfach nicht. Wann immer er mit dem Adler auf der Brust aufläuft, gibt er den Tölpel. Fünf Gegentreffer zum Debüt gegen die Schweiz, dann ein Eigentor im USA-Länderspiel, diesmal ein Kullerball durch die Beine zum 1:3.
Ausgerechnet im Land der Weltklasse-Torhüter, hat sich der Bundestrainer einen Unsicherheitsfaktor herausgepickt. Aber auch hier gilt: Eine EM wird nicht vom Ersatztorwart entschieden. In Kampf um den Nummer 2 hat Bernd Leno aber jetzt die Nase vorn. Wenigstens das nimmt Löw mit vom Test gegen die Slowakei.
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