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Nicht einknicken, nur beschwichtigen?

Nina Werkhäuser
2. September 2016

Die Bundesregierung werde sich von der Armenien-Resolution des Bundestags distanzieren, diese Meldung sorgte für Wirbel in Berlin. Sie tat es nicht, aber dennoch bleiben Fragen offen, meint Nina Werkhäuser.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Foto: AP
Bild: picture-alliance/dpa/Sagolj/Zivulovic/Kombo

Die Bundesregierung distanziert sich nicht von der Armenien-Resolution des Bundestags. In Berlin ist das die Meldung des Tages, unmissverständlich verkündet vom Regierungssprecher. Ein Glück, möchte man erleichtert ausrufen, aber auch: Ist das nicht eine Selbstverständlichkeit? Ist es nicht so, dass der Bundestag sich zu jeder Zeit und zu jedem Thema genau so äußern kann, wie es die gewählten Volksvertreter für richtig halten?

Ja, so ist es. Natürlich steht es der Bundesregierung nicht zu, die Beschlüsse eines anderen Verfassungsorgans infrage zu stellen. Jede andere Haltung wäre verfassungsrechtlich bedenklich. Gut, dass wir darüber noch einmal gesprochen haben. Und seltsam, dass das überhaupt nötig war.

Distanzierung von der vermeintlichen Distanzierung

Wie konnte es also zum politischen Aufreger des Morgens kommen - zur Meldung eines Nachrichtenmagazins, die Bundesregierung wolle sich von der Resolution des Bundestags distanzieren, die die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor gut 100 Jahren als Völkermord einstuft? Die scharfe Kritik von Oppositionspolitikern - eine solche Distanzierung sei ein feiger Kotau vor dem türkischen Präsidenten Erdogan - folgte auf dem Fuß. Den ganzen Vormittag über distanzierten sich Politiker von der vermeintlichen Distanzierung. Ein merkwürdiger Vorgang.

Nina Werkhäuser, Korrespondentin im Hauptstadtstudio
Nina Werkhäuser, Korrespondentin im Hauptstadtstudio

Dass die Armenien-Resolution der türkischen Regierung zutiefst missfällt und die bilateralen Beziehungen belastet, weiß jeder im politischen Berlin. Ohne Unterlass üben Präsident Erdogan und seine Regierung damit Druck auf Deutschland aus. Türkischstämmige Bundestagsabgeordnete werden von Ankara als Verräter beschimpft. Warum? Wegen der Armenien-Resolution. Abgeordnete des deutschen Bundestags durften Bundeswehr-Soldaten bisher nicht auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Incirlik besuchen. Warum? Wegen der Armenien-Resolution. Und auch das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei sah die Bundesregierung schon wackeln - eben wegen jener umstrittenen Resolution, die der Bundestag im Juni verabschiedet hat.

"Rechtlich nicht verbindlich"

Hat die Bundesregierung also tatsächlich erwogen, mit einer beschwichtigenden Geste auf diese giftige Außenpolitik Ankaras zu reagieren? Hat der Regierungssprecher deshalb ausdrücklich betont, eine jede und damit auch diese Resolution des Bundestags sei "nicht rechtsverbindlich", was eigentlich ebenfalls eine Selbstverständlichkeit ist? Vielleicht war diese Einlassung ja als Signal an Ankara gemeint.

An der Stellungnahme der Bundesregierung fiel jedenfalls noch folgendes auf: Das Auswärtige Amt deutete an, dass der Besuch deutscher Parlamentarier bei der Bundeswehr in Incirlik bald erfolgen werde; diesen hatte die Türkei bisher blockiert. Außerdem war von "einer Wiederbelebung des politischen Besuchsverkehrs" zwischen Deutschland und der Türkei die Rede, der Anlass zur Freude biete.

Das macht stutzig. Wie genau sind diese Fortschritte erzielt worden und welchen Preis haben sie gekostet? In den Wirren dieses Tages gibt es darauf noch keine klare Antwort. Dass sich diese Frage aber sofort aufdrängt, zeigt einmal mehr, wie kompliziert der Umgang mit der Türkei derzeit ist.


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Nina Werkhäuser Reporterin