Wenn man einmal die Hysterie um den ehemaligen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont beiseitelässt und auf die Fakten schaut, dann bleibt vom dem angeblichen "politischen Gefangenen" und dem selbst ernannten Märtyrer für die katalanische Unabhängigkeit nicht viel übrig. Carles Puigdemont, der seines Regierungsamtes enthoben wurde, ist ein normaler spanischer Bürger, dem die Staatsanwaltschaft in Madrid schwere Straftaten vorwirft. Er wird mit europäischem Haftbefehl gesucht, der nun in Deutschland vollstreckt wird.
Das passiert jedes Jahr EU-weit etwa 15.000 mal. Tatsächlich ausgeliefert wird aber nur rund die Hälfte der festgenommenen Personen. In Deutschland liegt die Quote statistisch noch viel niedriger. Der selbst ernannte katalanische Unabhängigkeitsheld hat also gute Chancen, nicht abgeschoben zu werden.
Das zuständige Oberlandesgericht Schleswig-Holstein wird den Antrag der Staatsanwalt auf Auslieferungshaft nun prüfen. Ein ganz normaler Vorgang. Kein Grund zur Aufregung. Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Organe ist gefragt. Natürlich kann der EU-Bürger Puigdemont auch noch den gesamten Rechtsweg beschreiten und sich gegen seine Auslieferung wehren. Das ist sein gutes Recht. Doch es bleibt dabei: Er ist kein Sonderfall.
Puigdemont kneift
Die Straftaten, die ihm zur Last gelegt werden, würden eine Auslieferung durchaus rechtfertigen. Denn es geht darum, dass sich der Anführer der Separatisten einem gerechten Verfahren in Spanien stellen muss. Der Mann ist geflohen, hat sich der Justiz entzogen.
Man könnte ihn auch feige nennen, weil er sich nach Belgien abgesetzt und viele seiner "Mitstreiter" in Katalonien im Stich gelassen hat. Bei jedem anderen mutmaßlichen Straftäter ist es ganz normal, dass er vor ein Gericht gestellt wird, nur bei Carles Puigdemont nicht?
Die Allianzen, die er eingegangen ist, sind schon recht seltsam. In Belgien lässt er sich von flämischen Nationalisten und Separatisten hofieren. In Finnland ist er ein Gast eines ziemlich wirren Abgeordneten aus Lappland. Im Gefängnis in Deutschland besuchte ihn ausgerechnet ein Mitbegründer der Rechtspopulisten in Deutschland: der frühere AfD-Chef und jetzige Hinterbänkler im Europaparlament, Bernd Lucke.
Den Katalanen, der sich mit der Aura der verfolgten Unschuld umgibt, einzuladen oder zu treffen, sorgt halt für viel mediale Aufmerksamkeit. Mit geschickter Medienarbeit, das sei ihm zugestanden, hält der katalanische Politiker das "Puigdemont"-Süppchen am Köcheln.
Geschickte PR, sogar mit grünem Lob
Er hält Vorträge, reist durch Europa, bezeichnet sich selbst immer noch als "Präsident" und provoziert so die spanische Justiz. Dass der europäische Haftbefehl, der vor Weihnachten ja schon ausgesetzt war, jetzt wieder erneuert wurde, kann Puigdemont eigentlich nicht wundern. Es passt eher ganz gut zu seiner medialen Inszenierung. Würde er brav in Brüssel sein selbst gestricktes "Exil" genießen, würde bald kein Hahn mehr nach ihm krähen.
Warum sich nun aber die Linke in Deutschland und die Grünen im Europaparlament vor den PR-Karren des Aufrührers spannen lassen, ist rätselhaft. Ihre Aufforderung an die deutsche Bundesregierung, sich direkt in die Urteilsfindung der Justiz im Fall Puigdemont einzumischen, ist abenteuerlich. Da haben Linke und Grüne offenbar nicht verstanden, wie ein Rechtsstaat funktioniert.
Puigdemont, der ein illegales Referendum abhalten ließ und dann verfassungswidrig die staatliche Unabhängigkeit der Region Katalonien ausrief, muss dort der Prozess gemacht werden, wo er hingehört: in Spanien. Sollte die deutsche Justiz aber entscheiden, dass die Abschiebung nicht vollzogen werden kann, ist auch das hinzunehmen. Das Recht herrscht, und nicht die politische Propaganda von der einen oder anderen Seite.
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