Das größte Sportfest der Welt, weltweite Aufmerksamkeit und Millionen Touristen in der Stadt - darum muss sich eine Metropole doch eigentlich reißen. Oder etwa nicht? Die Ergebnisse einer Umfrage bei jeweils 1500 Bürgern in Berlin und Hamburg lassen Zweifel aufkommen. Nur 55 Prozent der befragten Berliner wünschen sich eine Bewerbung der Hauptstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024, Hamburg kommt immerhin auf 64 Prozent Zuspruch. Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) freut sich Präsident Alfons Hörmann über "die riesige Zustimmung zu Olympischen Spielen" - was für eine Übertreibung.
Der Bürger durchschaut das olympische Spiel
Ja, beide Städte verzeichneten leichte Zuwächse gegenüber einer vorangegangen Umfrage vor einem halben Jahr. Ja, beide Bewerber haben durchaus schlüssige Konzepte zur Integration der Sportstätten in die Städte vorgelegt. Aber von einer riesigen Zustimmung ist - leider - immer noch wenig zu spüren. Weder in Berlin noch in Hamburg ist Olympia-Euphorie ausgebrochen, so wie es sich der DOSB vielleicht erträumt haben mag. Vielleicht liegt das ja auch daran, dass der Bürger das olympische Spiel durchschaut.
So durfte der Berliner Steuerzahler selbst für seine eigene Beeinflussung bezahlen: Rund 300.000 Euro Steuermittel gab der Berliner Senat für die Olympia-Werbekampagne aus. Alles, damit bei der Umfrage eine möglichst hohe Zustimmung herauskommt - was nicht wirklich gelang.
Wann kommt die glaubhafte Abkehr vom olympischen Gigantismus?
Zu jenem Spiel gehört aber auch diese Regel: Der befragte Bürger darf nur gefühlt mitbestimmen, denn am Ende entscheidet die DOSB-Spitze, welche Stadt sich für Olympia bewerben darf. Und dafür nennt niemand beim Dachverband des deutschen Sports klare Kriterien. Den Umfrageergebnissen kommt beim DOSB mal "sehr entscheidende Bedeutung" zu, mal heißt es, andere Faktoren gäben letztlich den Ausschlag. Welche dies sind und wer diese Faktoren wie gewichtet, dazu schweigt der DOSB - und das ist schade.
Denn nur eine transparente Bewerbung hätte eine Chance bei der deutschen Bevölkerung, die Olympia zuletzt abblitzen ließ: Münchens Vorstoß auf Olympische Winterspiele 2022 scheiterte an vier Bürgerentscheiden. Die Bedenken vieler Menschen, Olympia könnte zum Milliardengrab werden, konnten nicht zerstreut werden. Zu abschreckend waren zum Beispiel Bilder aus Athen, wo nach den Spielen 2004 nun grasbewachsene Arenen ungenutzt vor sich hin gammeln und Millionen an Steuermitteln verschwunden sind. Das hässliche Gesicht des olympischen Gigantismus: höher, schneller - teurer.
Natürlich kostet Olympia viel Geld
Und leider wiederholen sich gerade die Fehler der Vergangenheit: Wie einst in München geben sich auch Berlin und Hamburg in finanziellen Fragen wortkarg. In Hamburg wollte man eigentlich längst eine Risikoanalyse zu den Kosten von möglichen Olympischen Spielen vorlegen - doch darauf warten die Bürger bis heute. Und in Berlin versprach Heiner Brandi, Geschäftsführer des Landessportbundes Berlin: "Es kostet Berlin keinen Cent." Wer soll solch einen Unsinn glauben? Natürlich kostet ein Weltereignis wie Olympia viel Geld. Wer diese Wahrheit verschweigt, riskiert die vierte deutsche Olympia-Bewerbungspleite nach Berlin 2000, Leipzig 2012 und München 2018.
Sport und Politik wären gut beraten, den Bürgern reinen Wein einzuschenken. Echte Transparenz bei Kosten und Entscheidungskriterien - dann klappt's vielleicht auch endlich mit Olympia.