Kongo-Kommandeur Viereck zeigt sich gelassen
13. Juni 2006Die jüngsten Demonstrationen in Kinshasa gegen eine ausländische Einmischung in die Politik der Demokratischen Republik Kongo sah der Befehlshaber der EU-Mission im Kongo, Bundeswehr-General Karlheinz Viereck, am Dienstag (13.6.2006) gelassen. Der Einsatz sei für die EU-Soldaten aus 20 Mitgliedsstaaten und der Türkei nicht sonderlich gefährlich:
"Sowohl aus meinen Besuchen vor Ort als auch von den Berichten, die wir erhalten haben, schätze ich die Lage als relativ ruhig ein. Wir haben gesehen, dass wir Demonstrationen vor Ort haben, aber aus meiner Sicht gehören zu einem demokratischen Prozess und zu einem Wahlprozess auch Demonstrationen. Das ist an sich nichts ungewöhnliches, es ist unter Kontrolle und kein Anlass für Besorgnis", sagte Viereck in Brüssel.
Startschuss ist gefallen
Die Außenminister der Europäischen Union (EU) hatten am Montag (12.6.2006) den offiziellen Startschuss für die zweite Kongo-Mission der Union gegeben. 2000 Soldaten sollen vier Monate die ersten demokratischen Wahlen in dem afrikanischen Staat überwachen helfen. Schon jetzt sind Vorauskommandos in Kinshasa mit dem Aufbau der Quartiere beschäftigt.
Es sei aber noch viel Aufklärungsarbeit bei der Bevölkerung über den Auftrag der europäischen Soldaten nötig, so Viereck. Vom 10. Juli an werden die Hauptkontingente in die Hauptstadt Kinshasa und nach Libreville im benachbarten Gabun verlegt.
Wahltag 30. Juli
Der Wahltermin, der schon mehrfach verschoben wurde, ist auf den 30. Juli festgelegt. Danach soll die EU-Truppe, die auf Anforderung der Vereinten Nationen die Wahlen sichern helfen soll, vier Monate im Land bleiben. Dann sollten ein neuer Präsident und ein neues Parlament im Amt sein, schätzt der EU-Beauftragte für die Region der großen Seen in Zentralafrika, Aldo Ajello.
Sollte es zu Problemen bei Auszählung und Regierungsbildung kommen, müsste laut Ajello über eine Verlängerung nachgedacht werden. Die Bundesregierung, die das Hauptquartier in Potsdam und mit 780 Soldaten das zweitgrößte Kontingent nach den Franzosen stellt, hat eine Verlängerung kategorisch ausgeschlossen. Die 2000 EU-Soldaten, von denen nur die Hälfte im Kongo selbst stationiert sein wird, sollen mögliche Störer des Wahlganges abschrecken und notfalls Wahlhelfer und Ausländer evakuieren.
Kein Einsatz in den Bürgerkriegsprovinzen
Wie er das mit so wenigen Soldaten in dem riesigen Staat machen will, erläuterte General Viereck, der Befehlshaber, in Brüssel nicht. Klar ist laut Viereck aber, dass die EU-Truppe nicht in den vier Bürgerkriegsprovinzen im Osten des Kongo eingesetzt wird: "Wir werden sichtbar sein sowohl auf der Straße und auch in der Luft, und zwar in Kinshasa aber auch im Rest des Kongo mit Ausnahme der vier schon angesprochenen Provinzen im Nordosten. Also, im Prinzip: Sehr zuversichtlich."
General Viereck erinnerte daran, dass im Land auch 17.000 UN-Soldaten stationiert sind. Notfalls werde er sein robustes Mandat ausschöpfen und vor tödlichen Schüssen auf Störer und Milizen nicht zurückschrecken, kündigte der Bundeswehrgeneral an, der die Operation von Potsdam aus leiten wird: "Ich habe das notwendige Instrumentarium für alle verschiedenen Stufen, auch Lethal Force."
Kritiker des Kongo-Einsatzes
Der Wehrbeauftragte des Deutsches Bundestages, Reinhold Robbe und die Soldatengewerkschaft Bundeswehrverband kritisieren, dass die Soldaten auf ihren Einsatz im Kongo wegen der Eile nicht ausreichend vorbereitet seien. Außerdem gebe es 14 bewaffnete Milizengruppen, die eine ernste Bedrohung darstellten.
Dem widersprach der General: "Wir dürfen nicht vergessen, auch deutsche Soldaten haben gewaltige Erfahrungen in Afrika, nicht im Kongo, aber wir sind permanent in Dschibuti und haben schon andere Missionen durchgeführt. Ich sehe da keine Probleme in der Durchführung dieser Mission."
Außerdem sei nach vier Monaten ja alles vorbei. So lange soll der Einsatz höchstens dauern. Das ist wahrscheinlich nicht ganz zufällig derselbe Zeitraum, den Bundeswehrsoldaten normalerweise im Ausland stationiert sind. Müsste man das Kontingent bei Verlängerung noch einmal austauschen, würde auch der Kostenrahmen gesprengt, der nach Angaben des Verteidigungsministeriums allein für den deutschen Anteil bei 56 Millionen Euro liegt.