Kongos Jugend begehrt auf: Zu Besuch bei La Lucha
21. Dezember 2018Berlin, Juni 2018: Das Ökumenische Netz Zentralafrika zeichnet "La Lucha" mit seinem Friedenspreis aus - als "wichtigen Lichtblick", für den Einsatz für Demokratie und freie Wahlen. Fred Bauma und Rebecca Kabuo nehmen den Preis im Namen der kongolesischen Jugendbewegung entgegen. Sie widmen die Auszeichnung "all jenen, die in der Demokratischen Republik Kongo weiter in Unsicherheit geraten, den Frauen und jungen Mädchen, die vergewaltigt werden", aber auch "all jenen, die weiter an eine friedliche Zukunft für den Kongo glauben."
Weniger als eine Woche später wird Luc Nkulula, einer der Führer der Bewegung, bei einem Brand in seinem Haus in Goma im Ostkongo getötet. Für die Behörden ist es ein Unfall. Angehörige und Lucha-Mitglieder sprechen von Brandstiftung und Mord. In der Bewegung will man sich von der gefühlten Bedrohung nicht entmutigen lassen. "Ein Leben ohne Angst ist in Goma schwer vorstellbar", sagt Fred Bauma. "Das Entscheidende ist, diese Angst zu überwinden."
Ein Kampf beginnt
Die Geschichte La Luchas beginnt im März 2012 in einem Restaurant in Goma. Micheline Mwendike, die damals Lobbyarbeit für eine internationale NGO macht, versammelt eine Handvoll junge Menschen um sich, um über die alltäglichen Nöte der Menschen in ihrer Stadt und in der Provinz Nordkivu zu sprechen. "Wir beschlossen, Maßnahmen für den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu ergreifen", erinnert sich Mwendike. Der Name der Organisation ist ein Wortspiel: Lucha, das spanische Wort für Kampf, ist gleichzeitig eine französische Abkürzung für "Kampf für den Wandel".
Der Teamgeist der jungen Bewegung zog schnell andere in seinen Bann. La Lucha habe vieles anders machen wollen, sagt Rebecca Kabuo: "Wir haben zusammen eine Bewegung geschaffen, in der es keinen Vorsitzenden gibt, sondern eine vereinte Führung. Wir gehen Probleme gemeinsam an und handeln nach Konsens." Bald erlangte die Gruppe über Goma hinaus Bedeutung und wurde zur Bewegung. In anderen Städten gründeten sich unabhängig agierende Gruppen. So gelangte La Lucha auch auf den Radar der Behörden in der Hauptstadt Kinshasa: Je mehr sich die kongolesische Jugend mit der Bewegung und ihren friedlichen Protesten identifizierte, desto stärker wurde auch die Unterdrückung durch die Regierung. Fred Bauma, Rebecca Kabuo und weitere Mitglieder der Gruppe wurden verhaftet. Bauma verbrachte 18 Monate im Gefängnis.
Internationale Anerkennung
Trotz aller Repressionen treten die Lucha-Aktivisten weiter entschlossen für ihre Ziele ein. Standen zunächst sozioökonomische Themen wie Trinkwasser- und Stromversorgung im Vordergrund, machte die neue Organisation bald die Regierung als Ursache für den Stillstand aus und forderte den Rücktritt von Präsident Joseph Kabila. Auch die andauernde Unsicherheit im Land prangerte sie an. Sie organisierte Massendemonstrationen, bis schließlich Mitglieder der Bewegung Kabila persönlich trafen, um ihm den Frust der jungen Leute persönlich zu vermitteln. "Anstatt die Bewegung zu ersticken, hat die staatliche Unterdrückung La Lucha noch gestärkt", sagt Politikwissenschaftlerin Donatella Rostagno, Expertin für die Region der Großen Seen.
Und sie verschaffte der Organisation Aufmerksamkeit im Ausland. Georg Schmidt, Leiter der Abteilung Subsahara-Afrika im Auswärtigen Amt, sieht sie als Gradmesser der Stimmung im Land: "Wenn ich mit La Lucha und anderen Aktivisten im Land spreche, erzählen sie mir von ihren Sorgen über die hohe Zahl der Binnenflüchtlinge." Deutschland arbeite heute viel intensiver mit basisnahen nichtstaatlichen Strukturen zusammen, so Schmidt.
Am Sonntag (30.12.2018) soll in der Demokratischen Republik Kongo gewählt werden. La Lucha wird erneut seine Mitglieder mobilisieren. Doch der große Gegner heißt nicht mehr Joseph Kabila. Der bisherige Präsident hat sich dem Druck der Öffentlichkeit gebeugt und auf eine erneute Kandidatur verzichtet.